Version LX

GEOGRAFIE
Städte


BIRICIANA

ALPHABETISCH
NACH PROVINZEN

zurück zum
Städteindex

zurück zur
geografischen Übersicht

zurück zum Index

Biriciana (Weissenburg in Bayern)

Zwei Kastelle an strategisch günstigem Platz

Das Hauptkastell wurde an einem strategisch günstigen Platz auf einem Geländevorsprung über dem Tal der Schwäbischen Rezat und des Brühlbaches erbaut. Fünfeinhalb Kilometer vom Rätischen Limes entfernt gehörte es zum Verteidigungssystem rund um die Altmühlübergänge von Gunzenhausen und Kipfenberg. Die Gegend war damals bereits von Kelten besiedelt, die in unmittelbarer Nähe zum Lager eine Siedlung bewohnten. Die Besatzung bestand aus der Ala I Hispanorum Auriana quingenaria, einer 500 Mann starken berittenen Hilfstruppeneinheit.

Zunächst um 90 n.Chr. in Holz-Erde-Bauweise und einer Fläche von 2,8 ha errichtet, wurde es Ende der 120er-Jahre in Stein neu erbaut. Es umfasste nun eine Fläche von 3,1 ha bei annähernd quadratischem Grundriss. Die Umfassungsmauer wurde von vier Eck-, vier Paaren Tor- und acht Zwischentürmen gesichert und von insgesamt vier Toren durchbrochen. Die zunächst quadratisch gehaltenen Tortürme rundete man vermutlich im letzten Viertel des 2.Jh.n.Chr. nach aussen hin ab. Zur Vorverteidigung nutzte man einen doppelten bzw. dreifachen Spitzgraben.

Das Innere glich einem typisch römischen Kastell mit principia (Kommandantur), praetoria (Kommandantenwohnung) und horreum (Getreidesilo) in Steinbauweise. Die Werkstätten waren im westlichen Lagerbereich untergebracht. In leichter Fachwerkbauweise waren die Mannschaftsquartiere im Norden und drei Stallungen im Süden ausgebracht.

Die Lagervorstadt

Rund um das Lager entwickelte sich der ebenfalls typische vicus (Lagervorstadt) im Umfang von ca. 30 ha. Die genaue Siedlungsgrösse konnte infolge neuzeitlicher Überbauung bislang nicht exakt ermittelt werden. Als maximale Einwohnerzahl Ende des 2.Jh.n.Chr. wird 2500 angenommen. Neben einer mansio (Poststation) wurden insgesamt drei Thermenanlagen lokalisiert, von denen die grösste Anlage auch überregional archäologisch von Bedeutung ist.

Die "grossen Thermen" wurden mit dem ersten Lager um das Jahr 90 n.Chr. als Reihenbad errichtet und beim Umbau des Kastells Ende der 120er-Jahre beträchtlich erweitert. Noch in der ersten Bauphase kam es zu einem Umbau, indem das apodyterium (Umkleideraum) durch eine zwar kleinere aber dafür beheizbarer Umkleidekammer ersetzt wurde. Auch überdachte man Innenhof und machte aus einem Sportplatz eine Sporthalle. Während der zweiten Phase vollzog man wie beim Lager selbst den völligen Umstieg auf die Steinbauweise. Dem Langhaus fügte man ein rundes laconicum (Heissluftbad) an und verlegte das frigidarium (Kaltbad) nach Norden, sodass das bisherige Kaltbad als tepidarium (Warmbad) genutzt werden konnte.

Eine dritte Bauphase liess sich um 180 n.Chr. nach dem Ende der Markomannenkriege festmachen. Dieses völlig neue Ringbad wurde mit 65 mal 42,5 m signifikant grösser und opulenter ausgebracht, als die Vorgängerbäder. So errichtete man eine ca. 320 m² grosse Gymnastikhalle undersetzte das runde laconicum durch ein grösseres quadratisches. Etwas später verkleidete man die Anlage noch mit Kalkplatten. Beim Alamannensturm 233 n.Chr. wurde die Anlage erheblich beschädigt und in Folge nur mehr in beschränktem Umfang als Bad genutzt.

Etwa zweieinhalb Kilometer südlich des Lagers befand sich eine kleine Villa Rustica (Landgut) mit sechs Räumen und einer ummauerten Hoffläche von 240 m². Die ausgezeichneten Strassenverbindungen entlang des Limes verbanden Biriciana mit den nächstgelegenen Kastellen in Iciniacum (Theilenhofen) und Vetoniana (Pfünz).

Das zweite Kastell

Zur vorübergehenden Unterbringung einer Aufklärungseinheit wurde in trajanischer Zeit gut 1600 m vom ersten Kastell entfernt ein zweites Lager in Holz-Erde-Bauweise errichtet. Dort zu liegen kam die Cohors IX Batavorum equitata miliaria exploratorum - eine 1000 Mann starke teilberittene Aufklärungskohorte). Die Truppe wurde spätestens 125 n.Chr. abgezogen und das Lager aufgegeben.

Germanenstämme zerstören die Lager

Zu einer Zerstörung zumindest der Lagervorstadt kam es während des Markomanneneinfalls 167/168 n.Chr. Umfangreiche Renovierungs- und Wiederaufbauarbeiten kamen erst nach Ende des Markomannenkrieges 180 n.Chr. in Gang. Bereits 233 n.Chr. durch die Alamannen schwer in Mitleidenschaft gezogen, dürfte das Lager in den Jahren ab 253/254 n.Chr. im Zuge weiterer Alamanneneinfälle aufgegeben worden sein, da sich keine späteren Münzfunde nachweisen lassen.

Archäologie

Noch im Hochmittelalter diente das Lager als Steinbruch für die Stadt Weissenburg, ehe derart viel an Material abgetragen worden war, dass der einst römische Platz in Vergessenheit geriet. Die Wiederauffindung gelang so erst relativ spät im Jahre 1885. Die ersten umfangreichen Ausgrabungen wurden von 1889 bis 1913 durch die Reichs-Limeskomission getätigt, der säter das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege folgte. 1977 deckte man eine Thermenanlage auf und zwischen 1979 und 1985 das weiter östlich gelegene zweite Kastell. 1979 fand man in der Nähe der grossen Thermen den sogenannten Weissenburger Römerschatz.

Eine nahe gelegene Villa Rustica kam schliesslich 1985/86 durch Luftbildaufnahmen zum Vorschein. 1983 überdachte man die grosse Therme und gliederte das Restaurat in ein Museum ein. 1990 erfolgte die Gründung eines Archäologieparks und die Konservierung der Anlage. Das Haupttor mit anschliessendem Mauerbereich wurde dabei völlig neu rekonstruiert, um den imposanten Eindruck des Lagers zu vermitteln. Im Rahmen des Weltkulturerbes Rätischer Limes machte man Weissenburg zum Zentrum der Limesinformation.

Das rekonstruierte Lagertor
(c) M.Brüstle


Quellen: antikefan.de; limesprojekt.de; de.wikipedia.org
 

Sie wollen Fragen stellen, Anregungen liefern oder sich beschweren?
Dann klicken Sie auf meine Kontaktseite!

(PL)