Version LX

GEOGRAFIE
Städte


ÖFFENTL.BAUTEN I
ÖFFENTL.BAUTEN II
ÖFFENTL.BAUTEN III
ÖFFENTL.BAUTEN IV

TEMPELANLAGEN I
TEMPELANLAGEN II
TEMPELANLAGEN III
TEMPELANLAGEN IV
TEMPELANLAGEN V

THERMEN I
THERMEN II

FREIZEITANLAGEN I
FREIZEITANLAGEN II
FREIZEITANLAGEN III

BASILICA
MÄRKTE
WALKEREIEN
WOLLGEWERBE
BÄCKEREIEN & CO
WERKSTÄTTEN

HÄUSER REGIO I
HÄUSER REGIO II
HÄUSER REGIO III
HÄUSER REGIO IV
HÄUSER REGIO V
HÄUSER REGIO VI
HÄUSER REGIO VII
HÄUSER REGIO VIII
HÄUSER REGIO IX

VOR DER STADT

zurück zur
Gebäudeübersicht

zurück zur
Stadtübersicht


zurück zum
Städteindex

zurück zur
geografischen Übersicht

zurück zum Index

Öffentliche Bauten in Pompeii

Die Wasserversorgung von Pompeji

In ältester Zeit sammelte man das Regenwasser in den impluvia (Regenfangbecken), welche in Atrien und Gärten platziert worden waren. Diese Vorgehensweise war massgebend für die Herausbildung des typischen Pompejianischen Hauses. Um den gesteigerten Wasserbedarf der Siedlung (nebst der Landwirtschaft) zu decken, grub man tiefe Brunnen, denn Pompeji liegt auf einer dicken Schicht aus Tuffstein und der Grundwasserspiegel entsprechend tief.

Die Tiefbrunnen

Neben zahlreichen privaten Anlagen, wurden bislang fünf öffentliche und zwei Thermenbrunnen ergraben. Exemplarisch die Daten für den am besten erforschten Brunnen bei der Porta Vesuvio: Errichtung: Ende 4.Jh.v.Chr., Brunnentiefe: 39,25 m, Wasserstand: 3,5 m, somit Hievhöhe: 35,75 m. quadratische Öffnungsbreite: 2,07 m. Zunächst offen, ummauerte man die Öffnung schliesslich mit einem Gewölbe und liess ein Loch von 0,9 m Breite. Der obere Teil des Schachtes wurde mit Tuff- und Kalksteinplatten verkleidet. Die Bauarbeiten müssen sich schwierig gestaltet haben, denn auf dem Weg nach unten war u.a. eine 10,8 m starke Hartlavaschicht zu durchbrechen.

Die meisten Brunnen verfügten wohl über ein durch hand- oder tierbetriebenes Wasserrad, denn bei dreien gab es ein grosses Becken, aus dem man schöpfen konnte. Bei den restlichen Brunnen musste man sich das Wasser in Eimern hochhieven. Dies galt vor allem für die privaten Anlagen, von denen nach dem Anschluss an das Wassernetz viele zugeschüttet worden waren.

Die anderen Brunnen dürften eine ähnliche Baustatistik aufweisen. Einer liegt an der Via Consulare, ein anderer an der Ostseite der Via del Foro, ein weiterer am Foro Triangolare (der Bekannteste wegen eines Puteals (Brunneneinfassung) durch den meddix tuticus Numerius Trebius) und der letzte an der Südwestecke der Casa della Regina d’Inghilterra.

Die beiden Thermenbrunnen dienten lediglich der Wasserversorgung der Bäder, wobei jener der Forumstherme früher einmal ein öffentlicher gewesen zu sein scheint. Beide Anlagen wurden während Restaurierungsarbeiten mit opus incertum (unregelmässig zusammengefügte Steine) verkleidet.

Die Zisternen

Neben Tiefbrunnen dürfte es eine nicht zu unterschätzende Anzahl von Zisternen gegeben haben, die bislang kaum erforscht wurden. Es ist davon auszugehen, dass jeder grössere Gebäudekomplex über eine solche Einrichtung verfügt hat, die über das Atrium benutzt werden konnte. Am besten bekannt ist jene der insula Arriana Polliana (Gebäudekomplex VI 6). Dort lag unter den Läden der Südseite ein gewaltiges Wasserreservoir von mehr als 30 m Länge. Gegliedert in mehrere Kammern, konnte man aus einigen der Läden Wasser schöpfen. Als Errichtungszeitraum nimmt man das Ende des 2.Jh.v.Chr. an.

Die Untersuchung der Zisternen gestaltet sich sehr gefährlich, da sie zum einen grösstenteils mit verfestigter Asche gefüllt und zum anderen mit mittlerweile instabilen Wänden versehen sind. Auch ist zu bedenken, dass die Hohlräume nicht nur unterhalb der Häuser liegen.

Die Aquädukt - oder Laufbrunnen

Erst in augusteischer Zeit konnte man infolge vorhandenen Aquäduktwassers weitere öffentliche Brunnen bauen. Diese zumeist an Strassenkreuzungen gelegenen Anlagen (man kennt bislang 42 Stück) bestanden meist aus Vesuvlava und besassen einen kleinen, innen ausgehöhlten Pfeiler mit dekorativem Wasserspeier. Zusammengehalten wurden die Steinplatten mittels Metallklammern. Die meisten Laufbrunnen wurden in die Strasse gesetzt, sodass man von allen Seiten schöpfen konnte. Anhand von Schleifspuren weiss man, dass mittels Eimer vor allem an der zum Gehsteig gewandten Seite geschöpft wurde. Besonderes Augenmerk verdient ein Brunnen an der Gabelung von Via Consulare und Vicolo di Narciso. Das dahinter befindliche Wasserschloss bestand aus einem Tonnengewölbe und besass sogar ein Fenster. An der Vorderseite befand sich ursprünglich eine Malerei mit den Lares Compitales als Schutzgottheiten der Strassen & Kreuzungen.

Laufbrunnen in der Via dell'Abbondanza
e ludo computatrali "Pompei"

Lediglich ein Laufbrunnen wurde vollkommen aus Marmor errichtet. Auf seinem Pfeiler fand man die Darstellung eines kleinen Hahnes. Der Brunnen nahe des Gebäudes der Eumachia bestand aus Travertin und zeigte die Concordia Augusta. Früher nahm man an, bei der weiblichen Gestalt mit Füllhorn handle es sich um die Göttin des Überflusses und man benannte die ganze Strasse nach ihr, aber dies scheint überholt. Auf einem weiteren Travertinbrunnen an der Kreuzung von Via di Stabia und Via di Nola wurde ein Silen gemeisselt. Schlussendlich gab es an der Porta die Stabia noch einen Brunnen, der aus weichem Tuff - ein für Wasserflüsse eher ungeeignetes Material - gefertigt war.

Wasserleitungen & das Castellum Aquae

Verbessert hatte sich die Wasserversorgung in der Region erst mit dem Bau eines Aquädukts in augusteischer Zeit. Das Wasser wurde bei den Quellen des Acquaro nahe Serino gefasst dann und als Überlandleitung und teilweise auch unterirdisch nach Pompeji geführt. Nach 14 km passierte das Aquädukt die Berge bei Forino und führte vorbei an den Siedlungen von San Severino, Lanzara und Palma. In Palma teilte sich die Leitung. Der Hauptstrang ging durch Pomigliano d’Arco und Afragola direkt nach Neapolis, wohingegen die Abzweigung Nola und Pompeii versorgte. Beim Bau verwendete man abschnittsweise deutlich unterscheidbare Bautechniken, was vermutlich auf verschiedene bauausführende Firmen und Architekten zurückgehen dürften.

Das Aquädukt erreichte Pompeii an der Porta Vesuvio, wo es in das castellum aquae (Wasserschloss) mündete. Von dort verteilte man es mittels dreier innerstädtischer Leitungen, wobei eine lediglich einen öffentlichen Brunnen speiste, der heute nicht mehr vorhanden ist. Wohl handelte es sich um die allerletzte öffentliche Wasserreserve der Stadt bei Trockenheit im Fassungsgebiet. Obwohl rechteckig erbaut, hatte man den Innenraum des Wasserschlosses rund gestaltet und das Wasserbecken in etwa dreieckig ausgebracht. Zwecks Grobreinigung durchfloss das Aquäduktwasser zwei Siebe aus Blei. Die drei Ausflüsse konnten notfalls gesperrt werden, sodass jederzeit repariert werden konnte, ohne die anderen Stränge trockenlegen zu müssen. Zudem war man in der Lage bei nur geringem Wasserzufluss die Zuflüsse der Privathaushalte bzw. Thermen zu sperren um die Verfügbarkeit des kostbaren Nasses in den öffentlichen Brunnen zu gewährleisten.

Im Stadtgebiet sicherten (vermutlich 13) kleinere Hochbehälter - meist an Strassenkreuzungen zwecks einfacherer Wartung positioniert - die Versorgung. Man errichtete sie auf gemauerten Pfeilern von einem bis zu anderthalb Meter Seitenlänge und gut sechs Metern Höhe. Den Anschluss mit den Hauptleitungen besorgten Bleirohre, welche das Wasser in ein castellum plumbeum (bleiernes Wasserbassin) leiteten. Die elliptisch geformten Rohre besassen nur eine Schweissnaht und trugen in der Regel folgende Inschrift: (usibus) publ(icis) Pompe(ianorum) was schlichtweg "zum allgemeinen Gebrauch der Pompejaner bestimmt“ heisst. Die Hochbehälter sorgten zudem für einen Druckausgleich.

Nach dem Bau des Aquäduktes schnellte der Wasserverbrauch in ungeahnte Höhen, da man abgesehen von den ärmsten Häusern wirklich alle Gebäudekomplexe mit Wasserleitungen versah. Damit aber auch die wenigen verbliebenen Häuser nicht „auf dem Trockenen“ sassen, speiste man von den lokalen Wasserbehältern zusätzlich öffentliche (Aquädukt)Brunnen. Sie wurden entweder von der Stadt oder auf Kosten von Privatleuten erbaut. Daneben bauten sich die reichen Pompejianer zusätzlich Wasserspiele in ihre Gärten, was die Verbrauchszahlen zusätzlich belastete. Aber es scheint, als habe das ausgeklügelte Hochbehältersystem all dies leicht verkraftet.

Beim grossen Erdbeben von 62 n.Chr. war auch das Wasserleitungsnetz beschädigt und an manchen Stellen sogar völlig zerstört worden. Es scheint, als habe in den folgenden Jahren überhaupt keine Versorgung mit Aquäduktwasser stattgefunden. Als Pompeii 79 n.Chr. verschüttet wurde lag das gesamte Leitungsnetz brach. Man hatte sogar die meisten Bleirohre entfernt um sie später zu ersetzen. Vielleicht wollte man auch endlich die gesamte Stadt mit qualitativ verbesserten Wasseranschlüssen versorgen. Auch ist zu bedenken, dass die bis zu 30 cm dicken Hauptrohre einem hohen Druck ausgesetzt waren und scheinbar oft repariert werden mussten. Aus dem erhalten gebliebenen Bauzustand ist zu erkennen, dass die Wiederherstellung der Thermen und die Versorgung mit kühlem Nass gerade höchste Priorität genoss.

Abwasserentsorgung in Pompeji

Es ist erstaunlich mit welchem Aufwand an Ingenieurskunst man sich um eine optimale Wasserversorgung der Bürger gekümmert hatte. Ganz anders sah die Sache bei der Abwasserentsorgung aus. Es gab in Pompeji keine sich über das gesamte Stadtgebiet erstreckende Kanalisation. Nur an einigen wenigen Stellen sorgten Einfänge im Boden der Strassen für die Aufnahme von Ab- und Regenwasser. Der bekannteste Einlauf lag östlich des Forums Höhe der Stabianer Thermen. Dabei handelte es sich nicht einmal um einen für diesen Zweck angelegten Kanal, sondern bloss um einen Stichkanal zum echten Abfluss der Thermen. Grabungen haben ergeben, dass Thermenkanäle auch von Privaten benutzt wurden, indem sie diese - mit oder ohne Genehmigung der Stadtverwaltung bleibt dahingestellt - einfach anzapften.

Ein grosser Teil der Ab- und Regenwässer floss damit offen auf die Strasse. Dass sich dabei dennoch keine Pfützen bildeten mag erstaunen, doch hatte man bei der Anlage der Strassen daran gedacht das natürliche Gefälle ausgeklügelt auszunutzen. Damit rann das Abwasser immer irgendwo hin, z.B. in einen der wenigen Einlässe des Kanals. Zudem "entsorgten" die Laufbrunnen ihr überschüssiges sauberes Wasser ebenfalls auf die Strasse und sorgten für mehr oder minder permanente Überspülung. In diesem Lichte sind auch die hohen Gehsteige und Übergangssteine an den Strassen und die Wölbung derselben zu sehen.

Heute denkt man bei Abwässern aus Haushalten hauptsächlich das im Klosett hinunter Gespülte. Doch ist zu bedenken, dass damals der überwiegende Teil nicht aus Urin - er wurde gerne für die Walkereien gesammelt - und Fäkalien sondern aus Abwasch- und sonstigem Brauchwasser bestand. Die Fäkalien landeten indes in privaten Senkgruben, die es in den Häuserblocks zahlreich gab. Ihre Entleerung besorgten eigene Sklaven, die ob dieser Arbeit nicht zu beneiden waren.

An einer Strassenkreuzung liegender Brunnen mit dahinter angebrachtem kleinen Wasserkastell (der hohe Pfeiler) in der Via dell'Abbondanza
e ludo computatrali "Pompei"


Quellen: Coarelli, La Roca, De Vos "Pompeji", J.-A.Dickmann "Pompeji", H.Pleticha & O.Schönberger "Die Römer", N.Harris & P.Dennis "Feuerregen auf Pompeji", "Der kleine Pauly" sowie das Computerspiel "Pompei - The Legend of Vesuvius"

 

Sie wollen Fragen stellen, Anregungen liefern oder sich beschweren?
Dann klicken Sie auf meine Kontaktseite!

(PL)