GEOGRAFIE |
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MARE INTERNUM |
Mare Internum Benennung Der erste überlieferte Name für das Mittelmeer lautet im griechischen Thalassa. Andere Bezeichnungen waren wat-ur im Ägyptischen, ti-hamtirabiti (das hintere Meer im Gegensatz zum vorderen (= Persischer Golf)) im Assyrischen und jâm haggadôl (= das schöne Meer) im Hebräischen. Über Megale Thalassa (grosses Meer) kommt in Griechenland mit der Kenntnis vom Atlantik seit dem 4.Jh.v.Chr. die Bezeichnung Entos Thalassa auf. So übernehmen es auch die Römer mit Mare internum (inneres Meer), vereinzelt auch Mare intestinum. Mit der Festigung der römischen Macht an den Ländern entlang der Küsten begann sich - zum ersten Mal bei Caesar - die Bezeichnung Mare nostrum (unser Meer) durchzusetzen. Am Ende der Republik ist dieser Begriff durch den Anspruch Roms auf die Herrschaft über den Erdkreis im Bewusstsein der Menschen fest verankert. Das "unser" wurde vielfach im politischen Sinne verstanden und beschrieb über die Spätantike hinaus neben dem Begriff "Erdkreis" die Zusammenfassung aller Menschen. Im engeren Sinne bezeichnete Mare nostrum das Mittelmeer rund um Italien mit einer Fläche von 372.000 km². Der westliche Teil galt auch als Mare infernum (unteres Meer), der östliche Teil als Mare superum (oberes Meer). Der Bereich zwischen Gibraltar und den Balearen hiess Mare ibericum, von dort bis Spanien (incl. Golf von Valencia) sprach man vom Mare balearicum, die Adria war das Mare (h)adriaticum, die Ägäis Mare aegaeum, das Thyrrenische Meer (zw. Italien und den westlich gelegenen Inseln) das Mare tyrrhenum., die Gewässer zwischen Peleponnes und Kykladen Mare Myrtoum. Auch einige Meeresbuchten hatten ihre Namen: der Golfe du Lion Löwengolf) an der Südküste Frankreichs hiess Sinus gallicus, das Ligurische Meer mit dem Golf von Neapel Sinus ligusticus, letzterer selbst war der Sinus cumanus. Die moderne Schreibung des Mittelmeeres als Mare mediterraneum (Meer zwischen den Ländern) erschien erst im 7.Jh.n.Chr. bei Isidor von Sevilla und stellte noch keinen Eigennamen dar. Die politische Zersplitterung der Küstenvölker sorgte für ein Weiterleben der Namen der einzelnen Meeresteile. Mittelmeer an sich ist kein Eigenname, sondern bezeichnet ein zwischen zwei grossen Landmassen eingebettetes Nebenmeer. Korrekte Bezeichnungen wären Europäisches Mittelmeer oder Mittelländisches Meer. Geografie Das Europäische Mittelmeer umfasst eine Gesamtfläche von 2,5 Mio km² (grösstes Binnenmeer der Erde) und gliedert sich in zahlreiche Teilmeere. Das Gesamtmeer ist ein interkontinentales Mittelmeer; im Gegensatz etwa zu Ostsee, der Hudsonbai oder dem Roten Meer, die zu den intrakontinentalen Mittelmeeren zählen. Es bildet die Verbindung zwischen Südeuropa, Kleinasien und Nordafrika. Im Westen ist das Mittelmeer mit dem Atlantik durch den ostium Oceani (Strasse von Gibraltar) verbunden. Durch die Dardanellen grenzt es an das Marmarameer und über dieses wiederum durch den Bosporus an das Schwarze Meer. Die grösste Tiefe liegt bei 5.015 m. Die Zahl grosser einströmenden Flüsse ist gering (Nil, Maritza, Tiber, Po, Rhone, Ebro). Eine hohe Verdunstungsrate bewirkt einen relativ hohen Salzgehalt von 3,8 %; die Abgeschlossenheit eine geringe Gezeitenwirkung. Teilmeere sind: die Adria (132.000 km², bis 1.399 m tief), das Ligurische Meer, das Tyrrhenische Meer (zw. Italien, Elba, Korsika, Sardinien und Sizilien, 240.000 km², bis 3.758 m tief), die Ägäis (zw. Griechenland und Kleinasien, 196.000 km², bis 2.524 m tief). Die Küsten des Mittelmeeres sind vor allem im Norden reich gegliedert, deren markanteste Ausbuchtung der "italienische Stiefel" ist.. Neben grossen Inseln wie Korsika, Sardinien, Sizilien, Kreta und Zypern existieren zahlreiche mittlere (z.B. die Balearen) und kleine Inseln und Inselgruppen. Häufungen treten in der Ägäis und an der dalmatinischen Küste in Erscheinung. Geschichte I Das heutige Mittelmeer bildete sich erst im jüngeren Tertiär aus. Im Miozän gab es statt der Ägäis noch Festland im Norden von Kreta. Die Länder des Atlasgebirges waren hingegen Meere und es gab Verbindungen durch die Südrifische und Nordbetische Pforte mit dem Atlantischen Ozean sowie über die Rhonesenke mit dem Miozänmeer im Alpenvorland. Gegen Ende des Miozäns zog sich das Meer zurück und einzelne Landstriche wurden tektonisch gehoben. Flora und Fauna des Festlandes konnten so auf die grossen mittelmeerischen Inseln gelangen. Zur selben Zeit brach auch die Strasse von Gibraltar und glich den Meeresspiegel dem Atlantik an. Die facettenreichen Küstenlinien entstanden im mittleren Miozän, als das südliche Apenningebirge aufgefaltet wurde. Im Pliozän und noch im Quartär weichen die noch verlandeten Teile um Kreta und an der syrischen Küste ebenfalls dem Meer. Die jüngsten Teile des Mittelmeeres sind die Ägäis und das Marmarameer. Die Anbindung an das Schwarze Meer, dessen Gewässerspiegel um etwa 150 m unter der des Mittelmeeres lag, erfolgte erst im 8.Jt.v.Chr. durch den Bruch der Landenge des Thrakischen Bosporus. Die Theorien der Antike zur Entstehung des Mittelmeeres und über die Verbindungen mit dem Atlantik waren eng mit den Vorstellungen von der Entstehung und Trennung von Land und Wasser verbunden. Aristoteles scheint als erster Gelehrter sich eine eigene Meinung gebildet zu haben. Er ging von den grossen Becken aus, die in den Ländern existierten und nahm an, dass das Meerwasser alleine von den sie füllenden Flüssen stammte. Ein grosser Strom sollte von der Maeotis kommend das Mittelmeer schrittweise durchfliessen. Jedes Meeresbecken war seiner Meinung nach tiefer als das vorhergehende. Die Tiefenunterschiede führte er auf die Schlammfrachten der Flüsse zurück. Schon Diogenes von Apollonia hatte die starke Strömung beim Bosporus den grossen Flüssen zugeschrieben. Straton führte die Meerengen auf den Druck von Wasser und vermutlich Erdbeben zurück. Eratosthenes übernahm diese Theorien und fügte hinzu, dass im Landesinneren (v.a. in Ägypten) gefundene versteinerte Meeresmuscheln ein Beweis für die Theorie seien, dass sich das Meer früher ausgedehnt und schlussendlich sich den Weg durch Gibraltar in den Atlantik gebahnt hatte. Poseidonios lässt für die Entstehung zahlreicher Insel erstmals den Vulkanismus zu. Er nahm an, dass viele Inseln (vor allem in Küstennähe) durch die Absprengung bei Vulkanausbrüchen entstanden sind. Eine eigene Behandlung des Mittelmeeres ausserhalb einer Gesamtgeografie ist äusserst selten und nur durch eine anonyme Studie belegt. Im allgemeinen richtete man sich nach den Küstenlinien und suchte dort Erklärungen. Geschichte II Seit alters her wurde das Mittelmeer von den Völkern an seinen Küsten befahren. Die ersten grossen Nationen, die sich über den Küstenstreifen hinauswagten waren die Ägypten, die Kreter und vielleicht schon das Reich Akkad. Ihnen folgten bald die Stadtstaaten des inselreichen Griechenlandes und das Handelsvolk der Phönizier. Die griechische und phönizische Kolonialisation erfasste den gesamten Mittelmeerraum bis über die Strasse von Gibraltar hinaus. Als für die Zukunft wichtigste phönizische Siedlung wird 814 v.Chr. Karthago (Neustadt) von tyrischen Siedlern an strategischer Position der nordafrikanischen Küste gegründet. Mit dem Zeitalter der Perserkriege wurde das Mittelmeer zum ersten Mal im grossen Stil (Anfänge bereits unter den Ägyptern) zum Kriegsschauplatz. Zur selben Zeit erreichte die griechische Siedlungstätigkeit ihren Höhepunkt und beinhaltete nicht nur das Mittelmeer, sondern auch das Schwarze Meer. Damit einher ging die Hellenisierung der Küstengebiete. Griechische Sitten drangen aber nur langsam ins Landesinnere vor. Handelsplätze und Agrarkolonien sind die Grundlage des auf Seehandel begründeten Wohlstandes. Neben die Landheere traten so auch immer mehr im Unterhalt kostspielige Seestreitkräfte. Während der Expansion Athens zu einer führenden Wirtschafts- und Militärnation im 5.Jh.v.Chr. war das Mittelmeer bereits in Herrschaftsbereiche geteilt. Karthago beherrschte den Westen, Athen die griechische Inselwelt und der Rest fiel auf Perser und Ägypter. Die folgenden Eroberungen Alexanders d.Gr. spielten sich hingegen hauptsächlich zu Lande ab. Der Zerfall des Alexanderreiches bewirkte die Entstehung sich bekämpfender Diadochenreiche. Die Herrschaftsansprüche wurden dabei auch zur See ausgetragen, wie etwa der Flottensieg des Demetrios über Ptolemaios 301 v.Chr. zeigt. Nach der Beendigung der zahlreichen Kämpfe wurde das Mittelmeer zum karthagisch-ptolemäischen Wirtschaftsraum. Geschichte III Da Rom bekanntlich am Tiber, jedoch nicht am Meer liegt, spielte die Seefahrt zu Beginn der römischen Geschichte eine untergeordnete Rolle. Die Expansion auf der italischen Halbinsel erfolgte nur auf dem Landweg. Seestreitkräfte wurden höchstens von Bundesgenossen gestellt. Diese Tatsache ist auch am ersten karthagisch-römischen Handelsvertrag (um 510 v.Chr.) abzulesen, die das karthagische Handels- und Seefahrtmonopol bestätigt. Auch ein 348 v.Chr. geschlossener zweiter Vertrag zwischen den Städten veränderte die Lage kaum. Das westliche Mittelmeer blieb dem römischen Handel verschlossen. Doch lernte Rom zusehends von seinem Konkurrenten in Afrika. 338 v.Chr. ging die erste für die Römer siegreiche Seeschlacht während des Latinerkrieges über die Bühne. Mit der Herrschaft über Mittelitalien hatte man nun genügend Ressourcen zum Unterhalt von Seestreitkräften. Im Krieg gegen Tarent wurde etwa eine römische Flotte überfallen. Das Eingreifen von König Pyrrhos führt zu einem militärisch-wirtschaftlichen Zweckbündnis mit Karthago, das eine Hilfsflotte nach Ostia entsendet. Im ersten Punischen Krieg von 264 bis 241 v.Chr. rüstete Rom erstmals eine Flotte von Schlachtschiffen aus (Nachbau gestrandeter karthagischer Quinquiremen). Verlorengegangene Einheiten wurden u.a. durch die Finanzierung von Privatleuten ersetzt. Der Krieg wird vor allem durch für die Römer siegreiche Seeschlachten entschieden (260 Mylae, 256 am Vorgebirge Ecnomus und 241 v.Chr. bei den Ägatischen Inseln). Rom erhält mit Sizilien seine erste (Insel)Provinz. Im Anschluss an den grossen Krieg widmete sich die Flotte der Bekämpfung der Piraterie. Aufstände führten zum Anschluss der Provinzen Korsika und Sardinien. Damit wurde das Tyrrhenische Meer zum Mare nostrum. Karthago versuchte nun seine Kriegsverluste durch Expansion in Spanien auszugleichen. Der Streit um die spanische Stadt Sagunt löste den zweiten Punischen Krieg aus, der von 218 bis 201 v.Chr. dauern sollte. Die erste Kriegsphase sollte für Rom vor allem auf dem Land zum Desaster werden. Die Brüder Gn. und P. Cornelius Scipio können jedoch 217 v.Chr. an der Ebromündung einen Seesieg für Rom verbuchen. Im weiteren gewinnen Transportflotten für die Unterstützung der in weiten Räumen und in grosser Masse operierenden Heere an Bedeutung. Der Krieg endete mit der Niederlage Karthagos, das bis auf das Kernland alle Gebiete verlor. Die karthagische Kriegsmarine wurde vertragsgemäss auf 10 Trieren beschränkt. Durch makedonisches Eingreifen in den zweiten Punischen Krieg verlängerte sich die Eroberungphase Roms im Osten des Mittelmeeres. Römische Flotten bedrohten Feinde oder sicherten Bündnispartner. Im Friedensvertrag mit Philipp V. von Makedonien wurde ebenfalls eine Auslieferung der Kriegsmarine, diesmal bis auf 6 Schiffe, vereinbart. Die ständigen Rivalitäten der griechischen Poleis begünstigten die römische Eroberung. Der dritte Punische Krieg von 149 bis 146 v.Chr. war kein Kampf mehr um die Vorherrschaft zur See, sondern besiegelte das Ende Karthagos selbst als Landmacht. Eine starke Transportflotte konnte die römischen Truppen rasch in das Feindesland bringen. Mit der endgültigen Niederringung hatte Rom die Seeherrschaft im Mittelmeer erreicht. Auch der Krieg mit Mithradates VI. von Pontos bewirkte 84 v.Chr. eine Auslieferung von Flotteneinheiten. Damit begann das Zeitalter der Bürgerkriege. Während Caesar sich vor allem auf das Landheer konzentrierte, favorisierte sein Gegner Pompeius die Seemacht. Die engen Kontakte mit Ägypten machen die jährliche Getreidetransportflotte unentbehrlich für Rom. Das militärische Ende des Bürgerkrieges markierte die Seeschlacht von Actium am 2. September 31 v.Chr. durch Agrippa im Dienste Octavians gegen Marcus Antonius und Kleopatra. Fortan ist das gesamte Mittelmeer entweder unter direkter römischer Kontrolle oder in der Hand von Vasallenstaaten. Das römische Selbstverständnis der Weltherrschaft liess nun das ganze Mittelmeer zum Mare nostrum werden. Unter den Kaisern entstanden zwei mächtige Hauptflotten in Ravenna und Misenum, die das Imperium zur See beschützten. Nun wagte man sich auch auf die angrenzenden Meere hinaus. Die Bekämpfung des Piratenunwesens wurde nun die Hauptaufgabe der Schiffsbesatzungen. Etwa 300 Jahre verblieb das Mittelmeer unter rein römischer Herrschaft. Die Pax Augusta sorgte für florierenden Handelsverkehr und die Nutzung der natürlichen Ressourcen des Meeres bildete eine wichtige Ernährungsgrundlage für alle Römer. Als erstes drangen Germanenstämme mit erbeuteten und nachgebauten Schiffen über das Schwarze Meer in das Mare nostrum ein. Sie verwüsteten zumeist die Küstengebiete. Im 4. und 5.Jh.n.Chr. wurden die Vandalen zur grössten Seemacht im westlichen Mittelmeer und konnten mit ihrer Flotte sogar Rom selbst bedrohen. Der Osten verblieb in nunmehr oströmischer bzw. byzantinischer Hand. Nach der Expansion von Justinian im 6.Jh.n.Chr. schwand der römische Einfluss nicht nur in den Küstenländern, sondern auch zur See. Arabische Seefahrer übernahmen die Herrschaft und eroberten zahlreiche Küstenstriche und Inseln. Germanische Flotten spielten damals keine grosse Rolle mehr. Sie traten erst mit dem Aufkommen der Kreuzzüge im 11.Jh. wieder in Erscheinung. |
Medaillon mit Neptunus,
der einen Fuss auf eine prora (Schiffsschnabel) setzt; 158/159
n.Chr. |
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Quellen: H.Pleticha, O.Schönberger "Die Römer", dtv-Atlas zur Weltgeschichte, "Der kleine Pauly" |
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(PL) |