Version LX

PERSONEN
Kaiser


Imperialer Adler EINLEITUNG
HERKUNFT
KARRIERE
HERRSCHAFT I
HERRSCHAFT II
TOD
Imperialer Adler BEWERTUNG
Imperialer Adler ZITATE

zurück zu den
Konstantinern

zurück zum
Kaiserindex

zurück zur
Übersicht Personen

zurück zum Index

Flavius Claudius Iulianus (Apostata)

Herrschaft I

Am 11. Dezember 361 zog Iulianus als neuer Augustus und Alleinherrscher in Konstantinopel ein. Constantius wurde feierlich in der konstantinischen Apostelkirche beigesetzt und der neue Herrscher tat alles, um den Fortbestand der Dynastie zu untermauern. Im Mai 362 musste er die Hauptstadt bereits wieder verlassen, um die militärische Führung an der Ostgrenze zu übernehmen.

Nachdem sich die Lage stabilisiert hatte, ging Iulianus daran seine Machtbasis zu festigen. Die Militärs behielten quasi als Professionalisten allesamt ihre Posten. Veränderungen gab es hingegen rund um den Hof und der hohen Verwaltung. Hier kamen nur mehr Männer zum Zug, die keine Christen waren. Einige enge Vertraute des Constantius hatten sich im Laufe der Jahre mehr oder minder die Hände schmutzig gemacht und waren in Verbrechen verwickelt gewesen. Diese wurden nun von einem Sondergericht in Chalkedon abgeurteilt. Einige fanden den Tod, die meisten wurden in die Verbannung geschickt.

Im Gegensatz zu Constantius praktizierte Iulianus einen asketischen Lebensstil. Die Folge war, dass der Hofstaat deutlich verringert werden konnte. Nachdem seine Frau Helena noch während der Konfrontation mit Constantius verstorben war, weigerte er sich eine neue Bindung einzugehen. Die zahlreichen Bischöfe und Eunuchen am Hof mussten das Feld räumen um Philosophen und heidnischen Priestern Platz zu machen. Besondere Ehren wurden seinem Mentor Maximus zuteil. Um sich deutlich von der bisherigen Denkart zu unterscheiden, liess er sich seit 361 einen Bart gleich den Philosophen wachsen.

Die Abwehr der Perser hatte vor allem im Osten der Bevölkerung grosse finanzielle Lasten aufgebürdet. Die Menschen erwarteten vom neuen Kaiser dementsprechend eine Erleichterung, die sie prompt auch erhielten. Besonders begünstigt wurde seine Residenzstadt Antiochia. Aber auch alle anderen Kommunen sollten eine verbesserte Finanzbasis erhalten. Viele reiche Bürger hatten sich in den Gemeinden vor der Verantwortung gedrückt und Iulianus plante, sie wieder in die Kommunalpolitik einzugliedern. Auch sollten Immobilien, die den Städten während der letzten Jahrzehnte auf manchmal abenteuerliche Weise abhanden gekommen waren, zurückgegeben werden.

Das grösste und programmatischste aller seiner Ziele war die Wiederherstellung der alten Kulte. Iulianus war davon überzeugt, dass die Götter ihm bislang mehrfach das Leben gerettet hatten. Dieser persönliche Schutz sollte nun auch dem Reich wieder angetragen werden. Der Kaiser hatte erkannt, wie gross die Kluft zwischen den Menschen geworden war. Viele Menschen waren nur oberflächlich christianisiert und huldigten insgeheim immer noch den Gottheiten ihrer Vorfahren. Die Brutalität, mit der die christliche Religion manchmal verbreitet worden war, hatte ihn abgeschreckt und so drängte er deren Lehre und bevorzugte Organisation zurück. Bei Bewerbungen um hohe Ämter wurden nun heidnische Kandidaten konsequent bevorzugt.

Die Wiedereinführung der Kulte war indes kein Kinderspiel, denn jahrzehntelange konstantinische Vernichtungspolitik hatten ihre Spuren hinterlassen. Heiligtümer mussten wieder instand gesetzt bzw. neue errichtet werden. Um Opfer darzubringen benötigte man Priester und alle Vermögenswerte waren ja schon lange beschlagnahmt worden. So gab Iulianus den Kollegien die alten Privilegien der Vorzeit zurück und versuchte eine Restitution der Tempelschätze.

Als Pontifex Maximus (oberster Priester) vollzog er öffentlichkeitswirksam zahlreiche Opfer und betätigte sich in philosophischer Weise als Hymnenschreiber zu Ehren der Magna Mater, in deren Kult er durch Maximus eingeweiht worden war. Auf dem Weg zur Grenze besuchte er deren Heiligtum im phrygischen Pessinus und leitete persönlich die Wiedererrichtung des Kultes. Der Sonnengott Helios kam in Antiochia zu einer Lobpreisung, denn mit ihm fühlte sich Iulianus besonders eng verbunden. Gewidmet wurde diese Schrift Sallustius, dem Hauptvertreter der neuplatonischen Philosophie.

Die damalige heidnische Religion unterschied sich in einigen Punkten von der in der klassischen Periode praktizierten. Mysterienkulte und der die Huldigung des Sonnengottes waren sehr beliebt und hatten die alten Götter schon seit der Zeit der Soldatenkaiser in den Hintergrund gedrängt.

Die ständigen Streitereien um die wahre Lehre im Christentum hatten zudem ihren Beitrag zur Ablehnung bei Iulianus beigetragen. Nun erliess Iulianus eine Amnestie und alle verbannten Kirchenlehrer und Priester durften in ihre Heimat zurückkehren. Dahinter stand freilich die Absicht, durch den Hader untereinander das Christentum zu schwächen. Persönlich verachtete er deren Anhänger als die „Galiläer“.

Um der Welt seine Beweggründe darzulegen begann Iulianus mit der Arbeit an einer „Gegen den Galiläer“ betitelten Schrift. Das unvollendet gebliebene und nur in Bruchstücken erhaltene Werk sollte zudem die Religion der Vorväter verteidigen und von der philosophischen Basis unantastbar machen. Um die Christen zu schwächen kam er sogar kurzzeitig auf die Idee das Judentum zu fördern und vielleicht sogar den Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen.

Nach Unruhen, die wegen der Religionspolitik ausgebrochen waren, wurden Christen für ihre Taten härter bestraft, als Heiden. Besonders der Klerus hatte unter der neuen Politik zu leiden. Einen Fehler machte Iulianus allerdings nicht. Es gab weder einen Opferzwang, wie etwa unter Kaiser Decius, noch wurden die Gottesdienste verboten oder beschränkt. Während seiner philosophischen Studien hatte der Kaiser, wie er selbst immer betonte, gelernt, dass jeder selbst nach seiner eigenen Facon in der Religion sein Heil suchen konnte. Kein Mensch und keine Institution könne diese Entscheidung für andere treffen.

Seine Ansichten führten im Juni 362 zu einem bemerkenswerten Schulgesetz. Demnach wurden alle christlichen Lehrer entlassen. Begründet wurde dies mit dem angeblichen Gewissenskonflikt, der heraufbeschwört wurde, wenn klassische Werte vermittelt werden sollten. Schüler christlichen Glaubens durften weiterhin die Schule besuchen. Ihnen sollte spielerisch der Weg zur wahren Religion gezeigt werden.

Büste des Iulianus


 

Sie wollen Fragen stellen, Anregungen liefern oder sich beschweren?
Dann klicken Sie auf meine Kontaktseite!

(PL)