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Gartenkunst im Alten Rom

Nachdem die Immobilienpreise in Rom nach der Etablierung des Kaiserreiches stetig angezogen waren und der Baugrund immer knapper wurde, verlegten manche reiche Bürger ihre Gärten einfach in die Landgüter. Durch das Vorhandensein grosser Flächen, deren Bewirtschaftung sich nicht unbedingt rentierte, wurde somit der neue Typus des Landschaftsgartens oder -park erfunden. Bei deren Ausgestaltung konnte es durchaus vorkommen, dass ganze Haine gepflanzt, Hügel abgetragen und künstliche Buchten ausgehoben wurden. Zudem drapierte man Bauwerke und xysti (Säulenpromenaden) kunstvoll mit lebendigem Grün. All diese Einzelteile fügte man in einen Gesamtplan nach Blickachsen und Markierungspunkten ein. Für seine enormen Ausgaben für die Gestaltung seines Landschaftsgartens berühmt wurde Pollius Felix aus Puetoli, der einen ganzen Landstrich umgestalten liess. Ihm nicht weit nachstehend war Manilius Vopiscus, der am Ufer des Anio zwei Paläste so gegenüberstellen liess, dass man von jedem Fenster eine andere Perspektive hatte.

Die Lust der Reichen am Garten färbte auch auf die nicht ganz so betuchte Bevölkerungsschicht ab, welche sich in den Peristylhäusern gerne ein viridarium (Baumgarten) oder schlichtweg Blumenbeete anlegte. Auch kannte man bereits die Kunst ein solarium (Sonnenterrasse) mit Pflanzen in Blumentöpfen zu verschönern. Den ärmeren Teilen der Bevölkerung blieben alleine diese Topfpflanzen und in den oberen Etagen der Häuser bereits Blumenkästen an den Fenstern; von Martial rus in fenestris (Land auf dem Fenstergesims) genannt. Auch die Moden bei der architektonischen Ausgestaltung der Gärten wurde übernommen und im Prinzip nur an Quantität reduziert. Wenn die Grösse der Anlage wegen der Begrenztheit des Bauplatzes zu wünschen übrig liess, so griff man - wie aus Pompeii bekannt - zur typisch römischen Illusionsmalerei an den begrenzenden Wänden und eröffnete so dem Betrachter den Blick in eine fantastisch weite Landschaft, die oft genug einen entsprechenden Hauch an Exotik (und Erotik) bot. Es scheint als habe auch die Mittelschicht bei der erstmaligen Anlage von Ziergärten des öfteren den Ratschlag eines topiarius eingeholt.

links: römische Gartenrekonstruktion anhand der Funde einer Gartenausstattung aus dem Wrack von Mahdia
Landesmuseum Bonn; e libro E.Kluckert "Gartenkunst in Europa"
rechts: Treppenbrunnen im Garten des Octavius Quartio in Pompeii
e libro E.Kluckert "Gartenkunst in Europa"

Nicht nur wer sich keinen eigenen Garten leisten konnte, musste im alten Rom keineswegs auf gärtnerisches Grün verzichten. Besonders die heiligen Haine wurden sorgsam kultiviert - auch um eine gewisse althergebrachte Natürlichkeit auszustrahlen. In der römischen Kaiserzeit gestalteten Zierbäume gerne manch kleinen Schrein, wie es heute noch bei den Marterln und Kapellen üblich ist. Im Laufe der Hohen Kaiserzeit wurden die Privatgärten der Caesaren am rechten Tiberufer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Besonders beliebt war das Lustwandeln in den kleinen Lorbeer- und Platanenalleen. Manche Gärten waren hingegen beinahe baumlos und damit Blumengärten, wie etwa die Kolonnaden der Livia, wo es nur einen, aber dafür umso gigantischeren Rebstock gab, der bei sommerlicher Hitze Schatten spendete.

Im Gegensatz zum Alten Griechenland sind die römischen Gärten und Parks relativ gut dokumentiert (über 400 ausgewertete Anlagen!). Neben den vermehrten literarischen Quellen diverser Autoren wie Columella, Plinius oder Varro sind es vor allem die Wandgemälde von Pompeii, welche einen Einblick in die römische Gartenbaukunst geben. Die allseits bekannten Agrarschriftsteller widmeten sich interessanterweise fast ausschliesslich dem Obst- und Gemüsebau. Zierpflanzen kamen bei ihnen nur am Rande vor - etwa für die Bepflanzung von Gräbern oder bei Cato im Sinne einer Holzgewinnung. Um die Nachfrage nach Ziergehölzen und Blumen zu befriedigen boten Gärtnereien auch solche Pflanzen in einer breiten - manchmal auch importierten - Palette an. Des öfteren züchtete man Blumen in Gewächshäusern - ebenfalls eine römische Erfindung - auf den Landgütern vor Rom um die rosaria und violaria (Rosen- und Veilchenbeete) zu beliefern.

In der Spätantike begann sich der Gartengeschmack etwas zu ändern. Man bevorzugte nun Gärten in der Gestalt geometrischer Figuren. Die darin gepflanzten Bäume und Sträucher wurden nun noch mehr beschnitten, als es während der Hochantike gang und gäbe war; ganz ähnlich der späteren französischen Gartenarchitektur in Renaissance und Barock. Die antike Gartenkunst wurde nach dem Zusammenbruch des Weströmischen Reiches fast ausschliesslich von den Klöstern weitertradiert und damit auch wieder verbreitet. Dennoch unterschied sich der mittelalterliche Garten sehr von seinem antiken Pendant - vor allem in puncto Grösse. Auch spielten nun die religiösen Motive eine hervorragende Rolle und hierbei wiederum die Anknüpfung an das verlorene Paradies. Dieses Thema leitete zumindest in der Malerei auch erneut den Übergang zum "Lustgarten" - im wahrsten Sinne des Wortes - ein.

Sphinxbrunnen einer Gartenarchitektur in einem Gemälde aus der Villa Popaea in Oplontis
Museo Archeologico
Nazionale, Neapel
e libro K.-W. Weeber
"Alltag im Alten Rom"


Quellen: E.Kluckert "Gartenkunst in Europa", H.Pleticha & O.Schönberger "Die Römer", K.W.Weeber "Alltag im Alten Rom", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)