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PERSONEN
Politiker


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L.QUINCTIUS C.

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Lucius Quinctius Cincinnatus
* um 519 v.Chr.
+ um 435 v.Chr.
Suffektkonsul 460 v.Chr., Dictator 458 & 438 v.Chr.

Herkunft & Karriere

Lucius Quinctius Cincinnatus entstammte der gens Quinctia, die ab dieser Zeit zu den einflussreichsten Familien Roms zählten. Das Cognomen Cincinnatus bedeutet „Lockenkopf“ und wurde ursprünglich zur Unterscheidung der Brüder Lucius und Titus verwendet; danach weitervererbt. Durch die positiven Erfahrungen mit Titus Quinctius, neigten die Wähler dazu die Mitglieder von Familien mit eben solchen Persönlichkeiten zu wählen. Von den Eltern und der Familie des Lucius Quinctius ist nichts bekannt, ausser zweier Söhne mit Namen Caeso und Lucius.

Die politische Karriere von Lucius Quinctius stand ganz im Schatten der Standeskämpfe zwischen Patriziern und Plebejern. Dementsprechend gab es für ihn als Anhänger der Aristokratie Siege und Niederlagen gleichermassen zu verkraften, wobei die Eskapaden seines Sohnes Caeso einen besonderen Stellenwert hatten.

Caeso - ein zwar aufbrausender, aber dennoch exzellenter Militär - nutzte seine Erfahrungen auf den Schlachtfeldern dazu politische Gegner - allen voran die Volkstribunen, welche sich für Verbesserungen der Lebensumstände des Volkes einsetzten - zu bekämpfen. So gelang es ihm mehrmals die eigentlich sakrosankten Volkstribunen vom Forum zu drängen. Als jedoch bei einer dieser Aktionen ein Mann zu Tode kam, landete Caeso endlich vor Gericht. Seine aristokratischen Anwälte taten alles ihn als den perfekten Römer hinzustellen. Sein Vater bemängelte zwar seine Hitzköpfigkeit, war jedoch der Meinung, er würde sich einmal um die Stadt verdient machen. Die Richter waren jedoch geneigt das Todesurteil auszusprechen; nicht nur wegen des Todesfalls am Forum, sondern auch wegen offensichtlicher Unterschlagungen öffentlicher Gelder durch Caeso. Nur durch die Autorität des Lucius Quinctius wurde sein Sohn bis zur Verkündung des Urteils freigelassen. Der nutzte diesen Wink des Schicksals und setzte sich ins Exil ab, bevor man ihn über ihn richten konnte.

Nun stand der Vater im Kreuzfeuer der Kritik und als nach und nach die unterschlagenen Summen bekannt wurden, forderten die Volkstribunen von ihm die Begleichung des enormen Betrages. Um seiner Ehre willen veräusserte er seinen gesamten Besitz und beglich die Schuld. Da auch sein grosses Wohnhaus verkauft worden war, musste sich Quinctius eine neue Bleibe suchen und fand sie in einem kleinen Bauernhäuschen - der Überlieferung nach bloss eine Hütte am Stadtrand. Wohl wird ein Verwandter ihm diese Bleibe zur Verfügung gestellt haben und die ostentative Zurschaustellung des ökonomischen Abstiegs entsprach einer damals durchaus üblichen Form politischer „Schaukämpfe“ der patrizischen Familien. Dementsprechend musste Lucius Quinctius nicht dahinvegetieren und nahm weiter am politischen Leben der Stadt teil. Plinius nahm nach Archivstudien an, die prata Quinctia (Quinctische Wiesen) am Vaticanhügel gefunden zu haben.

Suffektkonsulat hart am Feind

460 v.Chr. kam es erneut zu Unstimmigkeiten zwischen Patriziern und Plebejern. Derart mit sich selbst beschäftigt, nutzte der Sabiner Herdonius die Gunst der Stunde. Ein zusammengewürfelter Haufen aus Sabinern, römischen Exilierten und einigen Sklaven drang in Rom ein und besetzte den Capitolhügel in einem Zug. Die Freude darüber währte nur kurz, denn der amtierende Konsul Valerius eroberte das sichtbare Zentrum der Stadt rasch wieder zurück, wobei der allerdings den Tod fand. Als Suffektkonsul wählte man in dieser schweren Stunde Lucius Quinctius Cincinnatus.

Noch bevor er sein Amt antrat, liess er sich öffentlich über die Volkstribunen aus und auch während der Amtszeit kam es immer wieder zu Reibereien und Quinctius blockierte plebejische Gesetze so gut es ging. Jede Partei versuchte die andere auszumanövrieren, was schliesslich zu einer Pattsituation führte.

Zu Jahresende bewarben sich die Volkstribunen zur Wiederwahl. Die kam für niemanden überraschend, wollten sie doch ihre Reformgesetze endlich durchbringen. Auch der Senat sah keine andere Möglichkeit sie zu verhindern, als Lucius Quinctius erneut für den Konsulat ins Rennen zu schicken. Doch dieser weigerte sich ein weiteres Mal zu kandidieren, da er die Prozedur einer jährlichen Wiederwahl als nicht der römischen Tradition konform ansah. So wurden anstatt dessen Quintus Fabius und Servius Cornelius gewählt.

Die 16-Tages-Dictatur

Zu dieser Zeit standen die römischen Truppen nach wie vor im Kampf mit Volskern und Äquern. Nun hatten sich ihnen auch die Sabiner angeschlossen und die Lage wurde brenzlig. Der Konsul Lucius Minucius kämpfte fernab der Stadt unter widrigsten Umständen und der andere war in seinem Lager eingeschlossen. Angesichts der Tatsache keine aktiven Manöver mehr durchführen zu können, beschloss der Konsul Gaius Nautius in Rom einen Dictator zu ernennen.

Der Senat erwählte Lucius Quinctius Cincinnatus und eine Delegation machte sich auf, ihm diese Nachricht zu überbringen. Der Legende nach stand Quinctius gerade hinter seinem Pflug, als die Senatoren eintrafen. Die Geschichtsschreibung eines Livius nennt es lediglich „Landarbeit“, was vieles möglich sein lässt.

„Vom Pflug weg“ zog Lucius Quinctius in seine Dictatur und damit in den Krieg. Binnen eines halben Monats konnte er mit Reservetruppen die den Konsuln Minucius belagernden Truppen umzingeln und besiegen, was ihm einen Triumph einbrachte. Nach einer sehr kurzen Pause zur Erholung nutzte er seine Machtfülle auch innenpolitisch. Der Konsul Minucius wurde öffentlich gemassregelt für sein verantwortungsloses Handeln und die wichtigsten Zeugen, die seinerzeit gegen seinen Sohn ausgesagt hatten, des Meineids angeklagt, verurteilt und exiliert. Nach 16 Tagen legte er seine Dictatur nieder und begab sich zurück auf seinen Bauernhof.

Während der Herrschaft der Dezemvirn wurden sowohl Capitolinus als auch Cincinnatus von Appius Claudius vom passiven Wahlrecht für das Zehnmännerkollegium ausgeschlossen. Nach Claudius’ Tod gelangten die Quinctier wieder in die politischen Ämter, wobei Lucius Quinctius wegen seines Alters bei keiner Wahl mehr kandidierte. Erst 439 v.Chr. angesichts eines drohenden Staatsstreiches durch Maelius, konnte man den bereits über 80jährigen dazu bewegen die Dictatur noch einmal anzunehmen.

Tod

Als dann sein zweiter Sohn Lucius wegen militärischer Inkompetenz vor Gericht stehen sollte, arbeiteten Capitolinus und Cincinnatus ein letztes Mal zusammen. Wohl nicht nur aus Altersgründen nahm der Vater am Prozess nicht mehr teil und als sein Freund in der Verteidigungsrede die Frage aufwarf, wer denn dem alten Helden die Nachricht über die Verbannung seines zweiten Sohnes überbringen sollte, liess man die Vorwürfe auf sich ruhen und sprach ihn frei. Dies war die letzte Erwähnung aus dem ereignisreichen Leben des Lucius Quinctius Cincinnatus, sodass mit seinem Tod um das Jahr 435 v.Chr. zu rechnen ist.

Bewertung

Das heroische Bild vom Bauern, der vom Pflug weg zum Dictator ernannt wurde und danach wieder auf seinen Bauernhof zurückkehrte, bildete über die Jahrhunderte hinweg (und über die Antike hinaus) ein beliebtes Motiv in der Forderung nach Selbstlosigkeit und Machtbeschränkung von Politikern (Die Gründerväter von Cincinnati in den USA sahen dies etwa so). Dabei wird grob übersehen, dass Cincinnatus seine Dictatur für die persönliche Abrechnung mit den Feinden seines Sohnes benutzte und damit keineswegs unparteiisch blieb.

Von Lucius Quinctius haben sich keine Portraits erhalten


Quellen: P.Matyszak "Geschichte der römischen Republik", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)