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TARRACINA

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Tarracina/Anxur (Terracina in Italien)

Die Namen der Stadt 

Der erste Name Anxur wurde in der Antike von den Gelehrten - etwa dem ältere Plinius - für volskisch gehalten und steht als Gottesname für das Äquivalent des dort verehrten Iuppiter. Die moderne Linguistik möchte in ihm jedoch eher einen protolatinischen Ursprung sehen, zumal ähnliche Namen wie Anxa, Anxanum und Anxia existieren. Tarracina hingegen wurde in der Antike volksetymologisch von grch. trachys (rau, hart, steinig) abgeleitet. Tatsächlich könnte er aus ältester Zeit - noch vor dem Indogermanischen - stammen oder aus dem Etruskischen abgeleitet werden (zu Tarchna bzw. Tarchuna für lateinische Tarquinius).

Die Lage am Tyrrhenischen Meer

Anxur lag in Latium 62 Meilen vor der porta Capena in Rom und seit 312 v.Chr. an der via Appia, die auch den decumanus maximus (Hauptstrasse) der Stadt bildete. Der Platz war von den ersten Siedlern strategisch günstig an den Ausläufern der Volsker Berge gewählt worden. Zum einen schützten die Berge die Stadt, zum anderen die Pontischen Sümpfe und das Meer. Die Geografie der Strasse liess jedoch wegen der starken Steigungen vor und nach dem letzten Hügel zu wünschen übrig, sodass man 184 v.Chr. versuchte eine Anbindung direkt an der Küste mittels eines Dammes zu erreichen, was jedoch aufgegeben wurde. In frühtrajanischer Zeit ging man deshalb den Hügel an und löste das Problem mit einem Einschnitt von 36 m im Maximum.

Geschichte

Erstmalige Erwähnung fand die zwischen Römern und Volskern umstrittene Ansiedlung  im Jahre 509/508 v.Chr. Bereits damals soll Anxur erstmals unter römischer Oberhoheit gestanden haben. In der Liste des Latinischen Bundes tauchte sie jedoch 499 v.Chr. nicht mehr auf.  406 v.Chr. eroberten die Römer neben Veltriae auch Anxur. 402 v.Chr. ging die Stadt erneut verloren, wurde 400 v.Chr. wiederum erobert und 397 v.Chr. von den Volskern bestürmt, jedoch nicht mehr eingenommen. Die endgültige Einverleibung erfolgte 329 v.Chr. mit der Gründung einer römischen Kolonie. Daraufhin verschwand der altertümliche Name Anxur endgültig zugunsten von Tarracina. Als municipium (Siedlung mit Stadtrecht) stimmten ihre Einwohner in der tribus Oufentina (ein Stimmbezirk in Rom).

Eine regionale Bedeutung hatte das an der Küste gelegene Tarracina als Badeort, wie etwa Marital vermerkt hat. Die Quellen lagen unweit der Stadt an der Küste und trugen den Namen Neptuniae Aquae - als Acqua Magnesia stehen sie noch heute in Verwendung. Eine giftige Arsenquelle wurde bereits in der Antike versiegelt und zuletzt 1839. Aufgrund der Lage wurden die meisten Bauten in der Nähe des Hafens errichtet. Einen touristischen Aufschwung erlebte Tarracina mit dem Bau der Via Severiana von Ostia her und um 200 v.Chr. war die Stadt ein beliebter Ausflugsort für Rom und Umgebung. Einen wahren Bauboom erlebte Tarracina aber erst in Sullanischer Zeit, als die Tempel restauriert, ein Theater neu erbaut und das Forum umgestaltet wurden. Zu einer Erweiterung des Hafens kam es unter Traianus und Antoninus Pius.

Religion

An Kulten existierten neben dem bedeutenden des Anxur/Iuppiter (Tempelanlage oberhalb der Stadt an einem Felsen des Mons Neptunius (Monte San Angelo)), jener der Minerva, des Apollo, der Feronia und der Roma. Beim lokalen Iuppiterkult ist noch anzumerken, dass dieser an jenen des Veiovis erinnerte und als Anxur(us) Iuppiter starke chtonische Züge trug. Ein Tempel zu Ehren des Augustus wurde in späterer Zeit zur christlichen Kathedrale umgestaltet, wobei man zahlreiche Steindenkmäler der antiken Stadt verbaute. Bekanntester Sohn der Stadt war der spätere Kaiser Galba, der hier am 24. Dezember 3 v.Chr. geboren wurde. Sowohl er als auch Kaiser Domitianus besassen hier Villen.

Von der Spätantike ins Mittelalter

Als letzte grosse römische Baumassnahme kann die Errichtung einer neuen Stadtmauer im 5.Jh.n.Chr. gesehen werden. Alsdann wurde Tarracina im Gotenkrieg erwähnt und von Theoderich wird behauptet, er habe hier einen Palast besessen. 409 und 595 n.Chr. eroberten . Nach der Eroberung weiter Teile Italiens durch die Langobarden, blieb Terracina eines der äussersten Bollwerke Ostroms. 872 verleibte Papst Johannes VIII. die Stadt dem Patrimonium Petri (Kirchenstaat) ein. Mit der Niedergang der päpstlichen Macht im folgenden Jahrhundert, übten lokale oder römische Familien die Herrschaft aus. 1088 fand hier die erste Papstkonklave ausserhalb Roms statt. Erstmals seit der Antike kam es im 11. & 12. Jh. zu einem Aufschwung, was zur Anlage zweier Vorstädte und selbständiger Magistrate führte. Im weiteren Verlauf versuchte zwar das Papsttum des öfteren sich Terracina erneut einzuverleiben, doch gelangte die Stadt infolge interner Querelen rasch in den Besitz des Herzogtums Neapel und verlor an Bedeutung. Im 16.Jh. litt Terracina nicht nur unter der Malaria (eine grosse Epidemie fand etwa 1520 statt) aus den nahen Sümpfen, sondern auch unter stetigen arabischen Piratenzügen aus Nordafrika. Stark entvölkert kam es erst im 17.Jh. unter der Führung der Päpste zu einer Neuansiedlung bei gleichzeitiger Gewährung von Steuerfreiheit.

Wie Rom wurde auch Tarracina nicht an einem Tag erbaut.


Quellen: "Der kleine Pauly"; en.wikipedia.org
 

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(PL)