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Flavius Petrus Sabbatius
Iustinianus (I.)

Herrschaft II (Die Wiedereroberung Italiens)

Die Wiedergewinnung der gesamten nordafrikanischen Küste war für Iustinianus nur der erste Schritt in Richtung Eroberung des alten Territoriums. Schon bald ergab sich auch für das ostgotisch regierte Italien ein günstiger Moment um es dem Reich einzuverleiben. Wie bei den Vandalen lieferten Thronstreitigkeiten den Vorwand um militärisch einzugreifen. Nach dem Tode Theoderichs des Grossen im Jahre 526 heiratete dessen Tochter Amalasunthe ihren Vetter Theodahat, der im Oktober 534 schliesslich die Königswürde annahm. Trotz dieser Vermählung standen die Zeichen innenpolitisch auf Sturm. Amalasunthe war bewusst römerfreundlich und ihr Mann verbündete sich deshalb schon bald mit oppositionellen Kräften. Als er sich stark genug wähnte, liess er seine Frau zuerst gefangen setzen und schliesslich im April 535 ermorden.

Da der Königin die verschwörerischen Tendenzen ihres Gemahls nicht verborgen geblieben waren, hatte sie Geheimverhandlungen mit dem Hof in Konstantinopel aufgenommen. Im Falle ihres Sturzes sollte sie Asyl im Osten erhalten und Iustinianus dafür das gotische Italien. Als die Nachricht ihres Todes in Konstantinopel eintraf, zögerte er Kaiser nicht lange. Der von ihm vorgebrachte Protest war hierbei nur die geringste Massnahme. Kurzerhand wurden die von den Ostgoten abhängigen Gebiete, wie Dalmatien und Sizilien, im Handstreich genommen.

Theodahat musste sich dem militärischen Druck beugen und willigte in einer Vereinbarung ein, dass er gegen die Zuweisung eines Landgutes im Oströmischen Herrschaftsgebiet dem Kaiser die Oberhoheit über Italien verschaffen würde. Damit wäre das Ostgotenreich zu einem tributpflichtigen Vasallen degradiert worden. Iustinianus wusste genau um die schwache Stellung des Königs und manövrierte ihn derart geschickt aus, dass im Endeffekt dieser nur die Wahl hatte zwischen Ende des Ostgotenreiches oder Krieg.

Es kam, wie von Iustinianus geplant: Theodahat konnte keinem Abkommen zustimmen. Parallel dürften die Kriegsvorbereitungen bereits auf vollen Touren gelaufen sein. Den Oberbefehl für die Invasion Italiens erhielt wiederum des Kaisers fähigster Feldherr, Belisar. Die Wirren im Ostgotenreich führten dazu, dass Süd- und Mittelitalien (darunter auch Rom) ohne grossen Widerstand erobert werden konnten.

Während diese Gebiete für die Goten verloren gingen, wurde Theodahat als Verräter hingerichtet und Witigis als neuer König gewählt. Unter seiner Führung konnte sich der Widerstand erstmals formieren und der Vormarsch der römischen Truppen wurde verlangsamt. Um den militärischen Druck zu mindern, nahm Witigis 539 Kontakt mit den Persern auf, die daraufhin ihrerseits den Waffenstillstand brachen und die Ostgrenze von Iustinianus' Reich angriffen. Die durch Sparmassnahmen reduzierte Truppenzahl konnte nicht verhindern, dass die Perser 540 Antiochia verwüstete.

Nun sah sich Iustinianus mit einem Zweifrontenkrieg konfrontiert und er schlug den Ostgoten vor, dass sie Norditalien behalten könnten, falls sie ihm die Hälfte des königlichen Schatzes aushändigen würden. Der kaiserliche Vorstoss wurde jedoch von Belisar torpediert, der die Chance gekommen sah, Italien bis zu den Alpen für Konstantinopel zu erobern.

Die Verhandlungen hatten Belisar jene Zeit gegeben, die er benötigte seine Armee zu verstärken. Um dem drohenden Untergang zu entgehen, boten sie ihm völlige Unterstützung an, falls er sich doch zum Kaiser des Westreiches ausrufen lassen würde. Belisar taktierte geschickt und umging die Frage nach der Kaiserwürde. Die Goten hingegen glaubten an eine Annahme ihres Vorschlages und lieferten ihm Ravenna und die wichtigsten befestigten Orte aus. Der Heerführer indes blieb zu seinem Kaiser vollkommen loyal. Im Frühjahr 540 erhielt er das Oberkommando über die Armee im Osten um gegen die Perser zu Feld zu ziehen. In seinem Gefolge befand sich neben König Witigis und den führenden Adligen auch der gesamte königliche Schatz.

Die Goten in Italien sahen sich erneut betrogen und wählten mit Totila kurz nach 540 einen neuen König. Da die meisten römischen Truppen für den Krieg gegen die Perser abgezogen worden waren, konnte er sich einen Angriff auf das nun wieder römische Kernland erlauben. In den folgenden Jahren gelang es ihm beinahe ganz Italien wieder unter ostgotische Kontrolle zu bringen. Als Notmassnahme schickte Iustinianus 544 Belisar wieder nach Italien - aber ohne nennenswerte Streitkräfte. Dieser konnte mangels Ressourcen nicht viel gegen die Goten ausrichten. Als Rom 546 den Goten in die Hände fiel und er von dort aus eine Eroberung Siziliens plante, konzentrierte sich Belisar auf die Wiedergewinnung der Stadt und erreichte dieses Ziel überraschend schnell. Dennoch war nicht an weitergehende Operationen zu denken und auf sein eigenes Drängen hin liess er sich 549 wieder in den Osten zurückrufen.

Doch Iustinianus liess sich durch diese Pattsituation nicht aus dem Konzept bringen. Unvermittelt erklärte er Italien wieder zur obersten Priorität. Belisar erhielt den Auftrag die Grenzen so gut es ging zu sichern, denn es wurden Truppen gen Westen verbracht. Unter dem Oberbefehl von Narses, des zweitbesten Feldherrn seines Hauptquartiers liess er mit einem Grossaufgebot an eigenen Truppen und germanischen Hilfskontingenten nach Italien übersetzen. 552 wurde Totila bei Tadinae und im Jahr darauf dessen Nachfolger Teja am Vesuv vernichtend geschlagen. Norditalien leistete aber noch länger zähen Widerstand, sodass das Gebiet erst 561 durch die Einnahme von Brixia und Verona erobert werden konnte. Im gleichen Jahr sollte auch der Krieg mit den Persern ein erneutes Ende finden.

Die Verwaltung Italiens wurde gleich nach den ersten Siegen von Iustinianus persönlich neu organisiert. Der Glanz von Rom war schon seit langem dahin und die Stadt lag, von den meisten Einwohnern in den letzten Jahrzehnten verlassen, vollkommen am Boden. Der Kaiser liess die Getreiderationen wieder einführen, sorgte für eine Besoldung von Lehrern und widmete sich der Reparatur der öffentlichen Gebäude. Besonderes Augenmerk legte er auf die Wasserversorgung, die scheinbar kaum noch funktionierte.

Durch das Erlöschen des Kaisertums im Westen hatte es für die italische Aristokratie keine echte politische Betätigungsmöglichkeiten mehr gegeben. Die ehemals hohen Ämter hatten zwar auch unter den Goten weiterexistiert, doch waren sie nur leere Hüllen und genossen auch nicht mehr das entsprechende Ansehen. Aus diesem Grund bestimmte Iustinianus, dass die Statthalter in Italien von den dortigen Bischöfen und Eigentümern der grossen Latifundien gewählt werden sollten. Damit hatte der Kaiser im Osten allerdings ein klares politisches Bekenntnis hervorgebracht: die seit Diocletianus bestehende Tetrarchie und das in späterer Folge daraus abgeleitete Doppelkaisertum wurde hiermit aus oströmischer Sicht endgültig verworfen.

Noch während Narses mit den Ostgoten haderte, brachen im westgotischen Spanien Unruhen aus. König Agila I. wurde vom Usurpator Athanagild bedrängt und letzterer wandte sich an Konstantinopel um Unterstützung. 552 liess Iustinianus unter der Führung des angesehenen Liberius, einem betagten Mitglied der italischen Senatsaristokratie, die in Nordafrika stationierten Truppen nach Spanien übersetzen. Die Städte Carthago Nova, Cordoba und Malaca wurden im Handstreich erobert.

Doch rasch erkannte die westgotische Aristokratie, dass es ihnen genauso ergehen würde, wie ihren Stammeskollegen in Italien, wenn sie jetzt nicht Stärke zeigten. Umgehend wandten sie sich vom rechtmässigen König Agila ab und setzten Athanagild auf den Thron, der damit sein Ziel erreicht hatte. Unverzüglich organisierten sie den Widerstand und die Invasion kam zum Stehen. Damit zeigten sie Iustinianus die Grenzen des politisch und militärisch Machbaren auf.

Kaiser Iustinianus auf einem Kirchenmosaik aus Ravenna


Quellen: M.Clauss, "Die Römischen Kaiser", O.Veh, "Lexikon der römischen Kaiser", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)