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Tiberius Claudius Nero

Bewertung

Wie bei vielen seiner Nachfolger änderte sich während der Amtszeit auch bei Tiberius das persönliche Verhalten zur Umgebung. Während der ersten Jahre versuchte er in Augustus' Fussstapfen zu treten. Er nahm regelmässig an den Senatssitzungen und Kulthandlungen teil und veranstaltete aufwendige Spiele für das Volk. Was ihm allerdings fehlte war der gesellige Umgang mit den Menschen Diese hölzerne Steifheit wirkte auf seine Umgebung als arrogant.

In der Regierung liess er trotz seiner Abwesenheit von Rom die Zügel nie ganz aus der Hand. Im modernen Jargon könnte man das Ganze als "laisser faire" bezeichnen. Dass er den Senatoren oberflächlich bei den Entscheidungen, die er anschliessend selbst zu geben pflegte, freie Hand liess, trug auch nicht zu seiner Popularität bei.

Das Verhältnis zum Senat war von beiderseitigem Misstrauen beherrscht. Tiberius wünschte sich mehr Initiative von den Senatoren, war jedoch verärgert, wenn sie es doch taten. Dieses Misstrauen begründete auch die vielen Hochverratsprozesse, die die Affäre Seianus begleiteten. Es reichten schon die haarsträubendsten Vorfälle um sich ein Todesurteil einzuhandeln. Seine Ansichten waren eher republikanisch gefärbt, doch war sich Tiberius im klaren, dass das von Augustus eingerichtete Prinzipat die weitere Zukunft des Reiches bestimmen würde. Vieles das ihm angelastet wurde, entstammte sicher auch aus dem Unvermögen heraus sich anderen mitzuteilen. Tiberius war nicht geneigt seine Gedanken preiszugeben.

Dass bei aller Macht des Seianus Tiberius auch zu durchgreifend positiven Massnahmen fähig war, zeigt ein Steuervorfall aus Ägypten. Als der Präfekt von Ägypten zuviel Steuern in Rom abgeliefert hatte (sic!), wurde er von Tiberius deutlich zur Rede gestellt. Auch zeigte er sich bei Katastrophen (27 und 36 n.Chr. wüteten in Rom Grossbrände) grosszügig.

Auffallend ist die militärische Untätigkeit des Tiberius. Obwohl in der Sache erfahren, hielt er sich gänzlich an den Rat Augustus', die Grenzen des Reiches nicht weiter auszudehnen. Aktionen gegen germanische Stämme blieben Ausnahmen und obwohl er einige Revolten niederzuschlagen hatte, z.B. in Gallien unter Iulius Sacrovir 21-22 n.Chr. oder den permanenten Guerillakrieg eines Tacfarinas 17-24 n.Chr. in Nordafrika, kann die Regierungszeit als allgemein ruhig angesehen werden. Durch sein diplomatisches Geschick konnte sogar ein Feldzug in Armenien verhindert werden.

Obgleich der nicht religiös war, interessierte er sich für Astrologie und Mythen. In ihnen glaubte er das Schicksal des Lebens zu erkennen. Daraus scheint auch eine gewisse Ängstlichkeit hervorgegangen zu sein (z.B. vor Gewitterdonner). Diese wiederum nährte sein Misstrauen und bei Kritik reagierte er über alle Massen heftig. Sprach er mit anderen Leuten, so tat er dies oftmals zu direkt, verletzend und sarkastisch. Überhaupt schien der Geschmack seiner Zeit an ihm vorübergegangen zu sein. Er konnte sich weder an üppigen Festen noch an Gladiatorenkämpfen erfreuen; nicht einmal des Scheines halber.

Es scheint so, als dass die antiken Historiker mit Tiberius zu streng ins Gericht gegangen sind. Einige von ihnen wurden von der Schreckensherrschaft anderer Kaiser geprägt und legten diese eins zu eins auf die des Tiberius um. Auch war er als sorgfältiger Verwalter um den Erhalt des Imperiums bemüht. Offensichtlich bleibt jedoch, dass er dem Amt in seiner vollen Tragweite nicht gewachsen war.

Büste des
Kaisers Tiberius
(c) incognitus


Quellen: C.Scarre "Die römischen Kaiser", M.Grant "Die römischen Kaiser", O.Veh "Lexikon der römischen Kaiser"

 

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(PL)