Version L

RELIGION
Antike Religion


Imperialer Adler AESCULAPIUS
APOLLO
BACCHUS
BONA DEA
CERES
DIANA
Imperialer Adler DIOSKUREN
Imperialer Adler DIS PATER
Imperialer Adler HERCULES
Imperialer Adler IANUS
Imperialer Adler IUNO
Imperialer Adler IUPPITER
Imperialer Adler MARS
Imperialer Adler MERCURIUS
Imperialer Adler MINERVA
Imperialer Adler NEPTUNUS
Imperialer Adler PROSERPINA
Imperialer Adler QUIRINUS
Imperialer Adler SATURNUS
Imperialer Adler TELLUS
Imperialer Adler VENUS
Imperialer Adler VESTA
Imperialer Adler VOLCANUS

zurück zu den
grossen Göttern

zurück zur
Antiken Religion

zurück zum
Religionsindex

zurück zum Index

Tellus

Tellus war die römische Göttin der nährenden Erde. Der Schriftsteller Varro bezeichnet Iuppiter, den Göttervater, und Tellus, die Erdenmutter, als das erste und wichtigste Götterpaar und die Eltern aller Früchte. Bereits in der Antike war die Herkunft des Namens Tellus unbekannt und es bürgerte sich ihr Zweitname Terra Mater (Erdenmutter) immer mehr ein, wohingegen sie zeitweise auch als alma (die Nährende) und fertilis frugum pecorisque (der fruchtbaren Feldfrüchte & Vieh) bezeichnet wurde.

Trotz dieser gewichtigen Reihung, konnte der offizielle Telluskult in Rom auf keine lange - d.h. bis in die Königszeit zurückreichende - Tradition zurückblicken. Der Konsul Publius Decius Mus weihte 340 v.Chr. anlässlich seiner Selbstaufopferung sich und sein Heer Deis Manibus Tellurique (den Totengöttern und der Tellus) und erst nach 268 v.Chr. erbaute man aufgrund eines Gelübdes des Publius Sempronius einen Tellustempel. Das an einem 13. Dezember geweihte Gebäude lag am Esqulinhügel und beinhaltete ein Wandgemälde, das die picta Italia (gemalte Italia) zeigte. Leider ist unklar, ob es sich dabei um eine Personifikation, oder eine Landkarte oder vielleicht beides handelte (vgl. dazu etwa heutige Landkarten, die für Kinder hergestellt werden, wo Städte und Völker auch durch Person"ifikation"en dargestellt werden). Eine eigene Darstellung der Göttin scheint zu Beginn jedenfalls nicht vorgesehen gewesen zu sein.

Neben ihrer agrarischen Funktion steht Tellus mit den Manen in Verbindung, da sie ja durch die Bestattung die Verstorbenen in sich aufnahm. Im Kult berührte man bei der Anrufung der Göttin die Erde, so wie man es in Griechenland bei sehr alten chthonischen (=erdbezogenen) Kulten tat. Deshalb bestand auch zwischen dem allgemeinen griechischen Ritus am Tempel ein Unterschied zu jenem, den man der Tellus angedeihen liess. Zwar sind die Ähnlichkeiten zwischen der Göttin und der griechischen Gaia frappant, doch ihren italischen Kern konnte sie stets bewahren. Ein Phänomen, das auch andere Gottheiten zeigten. Mit ein Grund hierfür dürfte gewesen sein, dass Tellus die "Heimaterde" symbolisierte und so gegen religiöse Vereinnahmung von aussen gut geschützt war. Der Schriftsteller Vergil etwa bezeichnet Italien als Saturnia Tellus (die Erde des goldenen Zeitalters). Auch das Kultbild mit der bereits erwähnten gemalten Italia reiht sich hier ein. Angerufen wurde Tellus u.a. bei den Auspizien vor einer Hochzeit.

das berühmte Tellusrelief an der Ostseite der Ara Pacis; frühaugusteisch
ex libro E.Simon "Die Götter der Römer" (c) E.Simon

Im Kult opferte man der Göttin (vor der Aussaat & nach der Ernte) trächtige Tiere; hauptsächlich Schweine. Beim am 15. April stattfindenden Fest Fordicidia wurden 30 boves fordae (trächtige Kühe) geschlachtet. Die ungeborenen Kälber verbrannte man unter Aufsicht der Vestalis maxima (Obervestalin), was einige antike Schriftsteller zur irrigen Annahme verleitete Vesta und Tellus wären eigentlich eine einzige Gottheit. Bestärkt wurden sie darin durch die schlichte Tatsache, dass es von Tellus zunächst kein Bild in Menschengestalt gab. Die porca praecidanea (im voraus, d.h. vor der Ernte und vor der Trächtigkeit des Tieres, geschlachtetes Schwein) brachte man Tellus und Ceres dar. Es diente der rituellen Reinigung.

Erst seit der frühen Kaiserzeit sind personifizierende Darstellungen der Tellus bekannt; allen voran das Bild der Erdenmutter mit den Früchten im Schoss an der Ostseite der Ara Pacis (Friedensaltar des Augustus). Man stellte sie sich nun als eine auf einem lehnenlosen Stuhl sitzende Mutter dar; selten auch stehend. Ihr Haupt war verschleiert und als Attribute dachte man sich Früchte in ihrem Schoss, einen Strauss von Ähren sowie eine Fackel in der linken Hand. Als reine Personifikation, d.h. nicht als Kultbild, sondern als Wandschmuck, traten zeitweilig auch Kinder hinzu. Bei der Darstellung als reine Erdengöttin, verzichtete man auf künstliche Sitzgelegenheiten und Tellus ruhte am Boden. Die Reliefs des berühmten Augustuspanzers zeigt ganz unten die liegende Tellus, wie sie nach oben blickt zum obersten Teil, wo Saturn thront. Die Botschaft war klar: Saturnia Tellus, d.i.Italien, sollte in ein goldenes Zeitalter eintreten. Wie sehr Tellus, Roma und das personifizierte Italien miteinander verbunden waren, zeigt die augusteische Propaganda. Um die Aussöhnung von Rom und Italien zu veranschaulichen, schüttelten einander die behelmte Roma und die befüllhornte Italia die Hände, damit Frieden auf der saturnalischen Erde herrsche.

Während der hohen Kaiserzeit passte man Tellus an die geografischen Gegebenheiten des Imperiums an und teilte ihr Oceanus, den die Erde umfliessenden Weltenstrom, als Partner zu. Die ewig fruchtbringende Erde besass nicht nur eine geografische, sondern auch eine zeitliche Komponente. In einem Mosaik aus Sentinum wird Tellus der Aion, der Gott der sich ewig erneuernden Zeit, in einem Tierkreisrad beigegeben. Die lagernde Tellus - mit einer lebenden Schlange um den Hals - symbolisiert hier die Beständigkeit der tiefen Erde; der mit Flügeln an seinen Schläfen versehene Aion die Bewegung der flüchtigen Zeit(en). In der Spätantike trat dieser Zeithorizont bei Tellus noch stärker in Erscheinung. Ebenfalls in diesen Zusammenhang gehört ein Altar der Tellus im Circus Maximus, als Repräsentantin des beständigen Laufs. Gemeinsamkeit und Kontrapunkt waren so in den alten Glaubensvorstellungen stets parallel vorhandene Geisteshaltungen.

Marmorne Terra Mater in einer aedicula (kleines Tempelchen) der frühen Kaiserzeit
ex libro E.Simon "Die Götter der Römer" (c) incognatus

Mosaik "Tellus mit
den vier Jahreszeiten
und Aion im Tierkreis"

ex libro E.Simon "Die Götter der Römer" (c) Stud.Kopperm.


Quellen: E.Simon "Die Götter der Römer", H.Gärtner "Kleines Lexikon der grch. & röm. Mythologie", "Der kleine Pauly"

 

Sie wollen Fragen stellen, Anregungen liefern oder sich beschweren?
Dann klicken Sie auf meine Kontaktseite!

(PL)