Version LVII

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Iuno

Iuno (altlat. die Junge, die Vitale) war als Gemahlin des Iuppiter die höchste römische Göttin. Mit ihm und Minerva gehörte sie als Iuno Regina zur neueren Göttertrias, die die höchsten Götter beinhaltete. In dieser Eigenschaft wurde sie mit der griechischen Hera gleichgesetzt, jedoch nicht so früh, wie man es von anderen Gottheiten her gewohnt war. Sie entsprach auch der altmediterranen Geburtsgöttin Eileithyia, die schon vor Einwanderung der Hellenen unter für uns unbekanntem Namen verehrt wurde.

Von allen Göttinnen, war Iuno diejenige, die am meisten mit anderen Gottheiten in Verbindung gebracht wurde. Diese Multinuminosität genannte Eigenschaft war ihr hauptsächliches mediterranes Erbe. So verwundert es auch kaum, dass sie viele Numina in sich vereinigte. Dies konnte so weit gehen, dass etwa die Numen von Iuno Lucina und Diana Aventina verschmolzen. Der Schriftsteller Cato berichtet, dass auf Bauernhöfen vor der Ernte neben Ceres, Ianus und Iuppiter vor allem Iuno verehrt wurde. Als Schutzherrin des Kleinviehs und der Nutzbäume gehörte Iuno ganz alltäglich zum ländlichen Kult.

Sie war die Herrin Roms und als Iuno Regina auch Schutzgöttin der etruskischen Stadt Veii. Ihre Kultgenossin war die Schwefelgöttin Mefitis. Als Weidegöttin Iuno Caprotina war sie nicht wie Hera für das Grossvieh, sondern für das Kleinvieh in Gestalt der Ziegen verantwortlich. Folglich ist die Ziege das bevorzugte Tier der Göttin. Als Iuno Sospita, Seispes oder Sispita trägt sie ein Ziegenfell über dem Kopf, dessen Charakteristikum die Hörner sind. Auch ihre Beziehung zu den stupsnasigen und rebenbekränzten Silenen geht auf diese Ziegen zurück. Ein anderes Tier, das mit Hera aus der griechischen Mythologie entnommen wurde, war der Kuckuck. In dieser Gestalt soll sich der griechischen Zeus zum ersten Mal der Hera genähert haben.

Im Zusammenhang mit Iuno Sospita trifft man auch eine Schlange an. Als bronzezeitliches Relikt entspricht sie der Schlangendarstellung mit Pallas Athene auf der Akropolis. Mit der Fütterung der Schlage neben dem Heiligtum der Iuno Sospita war ein Fruchtbarkeitszauber verbunden. Ein jungfräuliches Mädchen reichte der Schlage Nahrung. Wurde es angenommen, so sollte das Land reiche Frucht tragen. In ähnlicher Form ist der Kult aus Athen bekannt. Bereits zu Zeiten des Augustus war die Fütterungszeremonie zu einer Art von Touristenattraktion geworden. 

Nicht vergessen werden dürfen natürlich die heiligen Gänse der Iuno, die am Capitol gehalten wurden. Gänse waren für römische Verhältnisse keine traditionellen Opfertiere. Doch schlägt hier ein orientalischer Kultansatz durch. Gänse waren bevorzugte Speise- und Opfertiere in Ägypten, z.B. im Isiskult.

Aus dem Osten kam -  zunächst nach Griechenland - der Kult der Aphrodite Urania. Auch im republikanischen Rom wurde eine kultische Verwandtschaft zwischen Iuno und Venus gesehen. Was den Griechen Urania war, wurde in Rom Caelestris genannt. Und genau das war auch der Name, den die Römer der Hauptgöttin von Karthago gegeben hatten.

Als mächtigste Göttin des römischen Pantheons war sie Gegnerin der Haupthelden im römischen Nationalepos. Die Gleichsetzung mit der Göttin von Karthago war aber nicht nur ein literarischer Kunstgriff. Durch Funde weiss man, dass bereits um 500 v.Chr. die phönizische Astarte mit der etruskischen Göttin Uni identifiziert wurde; und der Name Uni stammt von Iuno. Eine umgekehrte Ableitung ist infolge klassischer Lautgesetze unmöglich. Zur gleichen Zeit stellte man die Göttin in ganz Mittelitalien mit Silenen dar. Mit diesen dämonischen Gesellen verleiht sie den Tempeln anderer Götter Schutz.

So hatten sich die Etrusker Iuno aus Latium angeeignet; ein Kulturexport der anderen Richtung. Ihre Gleichsetzung mit der griechischen Hera ist ein Spätwerk, da sie anfangs nicht als Gemahlin des Iuppiter erscheint, sondern als Verkörperung der jugendlichen Lebenskraft. Die römische Religion kannte zwar Götterpaar, wie Faunus und Fauna, Liber und Libera, jedoch gehörten Iuppiter und Iuno nicht dazu. Auch beruhte der Ehecharakter des Iuppiters nicht auf Iuno, sondern auf dessen Schutzfunktion über Verträge aller Art. 

Sie war Schutzherrin über die Ehe - als Iuno Pronuba führte sie die Braut -, der Familie und der Mütter. Als Iuno Lucina wachte sie wie die griechische Hera über die Geburt. Zu ihr beteten die Römerinnen schon seit der Frühzeit und bis in die Spätantike bei Entbindungen. Eine paelex (Nebenfrau) durfte ihren Altar nicht berühren. Aber Verstösse gegen die Rechte von Ehefrauen wurden nicht von Iuno, sondern von Ceres bestraft.

Als Iuno Moneta war sie Göttin der Ratschläge, Erinnerungen und Mahnungen. Dies nicht nur wegen der mahnenden Gänse am Capitol. Cicero berichtet, dass nach einem Erdbeben ihre Stimme aus dem Tempel hallte und ein Sühneopfer verlangte. Ihre Mahnungen betrafen stets das gesamte Gemeinwesen. Auch hier liegt der Grund der Einrichtung einer Münzstätte. Bereits in Griechenland war der Wechsel vom Tauschhandel zum Geldwesen unter den Vorzeichen der Hera vollzogen worden.

In der offiziellen Münzprägung wird Iuno nicht extra hervorgehoben, da Iuppiter sie gleichsam mitrepräsentiert. Selbst die ihr eigenen Kulte wurden nicht dargestellt. Anders stellt sich die Sache mit den Ziegen der Iuno dar. Die Ziege trennte ihren Kult deutlich von jenem des Iuppiters. Eine Ziegendarstellung repräsentierte also gleichsam die Göttin selbst. Da viele Beamte der Münze aus Lanuvium stammten, stellten sie auch die Iuno Sospita in den Vordergrund ihrer Prägungen.

Im frühen Rom hatte ihr Kult weniger mit der Ehe, als mit dem aus ihr entspringenden Nachwuchs zu tun. Eine der ältesten Verehrungsstätten war ein ihr heiliger Hain an der Nordspitze des Esquilin. Dieser lucus (heiliger Hain) brachte ihr den Beinamen Lucina. Kultisch älter war eine Höhle namens Lupercal am Palatin, wo der Sage nach die Wölfin Romulus und Remus gesäugt haben soll. Dies war das Zentrum des Fruchtbarkeitskultes Lupercalia, bei dem junge Männer in Bocksfellschurzen junge Matronen mit einem amiculum Iunionis (Riemen aus Bockshaut) schlugen. Der Ritus soll von der Göttin selbst angeordnet worden sein. Der an der Höhle stehende ficus Ruminalis (ein Feigenbaum) wurde schon früh zum Symbol der Iuno.

Ein anderer Baum, der mit der Göttin in Verbindung stand, war ein uralter Lotusbaum. Die Rinde dieses Ebenholzgewächs mit essbaren Früchten wurde zum Färben verwendet. Unter einem solchen Baum wurde sie mit einem Säugling und einer Fackel dargestellt. Hier symbolisiert sie die rituelle Reinigung nach der Geburt.

Der heutige Brauch am Valentinstag Blumen zu schenken geht ebenfalls auf den Iunokult zurück. Am 14. Februar wurde ein Fest zu ihren Ehren gefeiert. Als sich im 3.Jh.n.Chr. die Zahl der Übertritte vom heidnischen zum christlichen Glauben deutlich verflachte, verfiel man auf die Idee heidnisches Gedankengut in die neue Religion zu übernehmen. Da kam es gerade gelegen, dass der spätere Heilige Valentin an jenem Tag den Märtyrertod fand. So wurde das Fest einfach übernommen und der Brauch seiner Liebsten (unter der Schirmherrschaft von Iuno als Göttin der Ehe) ebenso.

Der Hauptkultort der Iuno Sospita war Lanuvium. Dort wurde der Iuno-Kult in seiner reinsten Form vollzogen (ohne Zusatzgottheiten). Darstellungen finden sich bis ins 2.Jh.n.Chr. Dem Schriftsteller Ovid zufolge gab es alleine in Rom hundert Tempel zu Ehren der Iuno.

 

(Linkes Bild: Kopf der Iuno Sospita mit Ziegenfell auf einem Denar, 64 v.Chr.;
Rechtes Bild: Iuno Sospita Antefix (Gesimsfigur) aus
Satricum, frühes 5.Jh.v.Chr.)

Alteingesessen war sie etwa auf der Arx (Burg) genannten höchsten Erhebung des Capitols. Dies stand im Zusammenhang mit dem altrömischen Kalender. An jedem Monatsersten gab ein Priester das Datum der Nonen für den Monat bekannt. Alle Iden waren dem Iuppiter heilig, alle Nonen der Iuno und alle Kalenden der Iuno und dem Ianus. Iuppiter wurde mit dem Vollmond, Iuno mit dem zunehmenden Mond in Verbindung gebracht. Sie wachte über das Werden, Iuppiter über das Vollendete. Der flamen Dialis opferte an den Iden dem Iuppiter ein weisses Schaf. Der Iuno wurden an den Kalenden Opfer dargebracht. Die Tierart ist nicht überliefert, doch gibt es die Annahme, dass es Gänse waren.

Ihr Fest war das der Matronalia, das von den Frauen am 1. März gefeiert wurde. Als Symbol für weibliche Sittsamkeit wurden in ihrem Tempel auf dem Capitol Gänse gehalten. Als beim grossen Galliersturm 387 v.Chr. die Angreifer nächtens das Capitol stürmen wollten, weckten die Tiere die Verteidiger und retteten so die Festung. Im Tempel wurden seit dem 3. Jh. v.Chr. Münzen geschlagen, sodass sich ihr Beiname Moneta auf die Münzen selbst übertrug.

Ein anderes Fest waren die Nonae Caprotinae am 7. Juli. An diesem Tag schnitt man von den Feigenbäumen am Marsfeld Zweige ab und verwendete den austretenden Saft, der Feigenmilch genannt wurde, als Opfergabe für die Iuno Caprotina. Hier dürfte es einen Paralleleffekt gegeben haben. Einerseits ein Fruchtbarkeitsritus für den Menschen, andererseits für die Befruchtung der Feigenkulturen.

Am gleichen Tag erhielt der Erntegott Consus durch die sacerdotes publici (Staatspriester) ein Opfer an einem unterirdischen Altar im Tal des Circus Maximus; einer Kultstätte, die Romulus selbst entdeckt haben soll. Dieses Opfer war der offizielle Teil der Nonae Caprotinae. Die Zeremonien der Frauen und ihrer - an diesem Tag gleichberechtigten - weiblichen Hausangestellten hatten mehr privaten Charakter.

In einem alten Festkalender aus Antium ist in Zusammenhang mit diesem Fest auch eine Zeremonie für die beiden Pales verzeichnet. Diese Doppelgöttin hatte ländlichen Charakter und war mit Bauern und Hirten verbunden. Auch hier weist sich der Weg zu Iuno. In Falerii wurde sie als Iuno Curitis oder Quiritis verehrt. Die Herkunft dieser Bezeichnungen ist unbekannt. Sie wurde mit Streitwagen dargestellt und dies deutet auf eine Beziehung mit Minerva hin. Bei Göttinnen hatten in griechischen Kolonien gerne benachbarte Heiligtümer.

Nachdem Karthago 146 v.Chr. zerstört worden war, wurde die Göttin Caelestris in den römischen Pantheon überführt. Ihre Kultstätte wurde auf der Arx Capitolina angesiedelt. Noch heute erinnert die Kirche Santa Maria in Aracoeli an diese Gottheit. Unter deren Fundamenten befinden sich die Reste des Tempels (ionischer Podiumstempel mit hoher Treppe und Ranken im Giebel) der Iuno Moneta, der 344 v.Chr. unter L. Furius Camillus anlässlich der Errettung des Capitols durch die Gänse eingeweiht wurde. Gleich daneben stand das Heiligtum der Caelestris.

Als die Römer nach langem und zähem Kampf Veii erobert hatten, sollte ein Kultbild nach Rom verbracht werden. Für den Transport wurden nur edle Jünglinge ausgewählt. Da aber alle Angst vor dem Zorn der Göttin hatten, fragte einer der jungen Männer das Bildnis, ob sie überhaupt umgesiedelt werden wolle. Die Göttin soll auf dem Bild genickt haben. Unter diesem Vorzeichen liess der Eroberer Veiis, M. Furius Camillus, ihr auf dem Aventin einen Tempel errichten. An ihm wurde der Kult im griechischen Ritus vollzogen. Mehrfach ordneten die in griechisch verfassten sibyllinischen Bücher die Verehrung der Göttin an. Im republikanischen Rom war sonst nur Apollo derart mit dem griechischen Ritus verbunden gewesen. Als Opfertiere dienten weisse Kühe. Bei der Zeremonie traten Mädchenchöre auf. Alles zusammen genommen, war ihr Kult sehr griechischen geprägt.

Alle künstlerischen Darstellungen lehnten sich seit Anbeginn bis in die Jetztzeit an die griechischen Vorbilder an.

Jugendliche Iuno;
Rest einer Terrakottastatue aus dem Iunotempel in Falerii, 2. Hälfte des 4.Jh.v.Chr.
ex libro E.Simon "Die Götter der Römer"


Quellen: E.Simon "Die Götter der Römer", W.Vollmer "Wörterbuch der Mythologie", H.Gärtner "Kleines Lexikon der grch. u. röm. Mythologie", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)