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Flavius Valentinianus (II.)

Herrschaft

Obwohl er in den Jahren 376 und 378 das stadtrömische Konsulat bekleidete, erschien der Kaiser ob seines Alters bis 383 nicht wirklich auf der politischen Bühne. Bis zum Tode Gratians war er maximal ein Mitläufer der beiden anderen Augusti.

Gratianus sah sich in politischem Sinne als „Vater“ seines Bruders und ging mit ihm auch so um. So machte man den Römern auch die Hierarchie unter den Kaisern verständlich; ein Umstand, den sich später Theodosius zu Nutze machen sollte um den jungen Valentinianus hintan zu halten.

Theoretisch im Besitz der höchsten Herrschergewalt und mit dem nominellen Amtsbereich von Italien, Illyrien und Nordafrika verbrachte Valentinianus II. sein Leben praktisch am Hof seines Bruders an den jeweiligen Aufenthaltsorten wie Mediolanum (Mailand) oder Trier. Wie das persönliche Verhältnis zu den beiden aussah, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Auch die Auswirkungen von Scheidung und Wiederheirat des Vaters kann man höchstens erahnen; zumal Gratianus seine eigene Mutter in den Palast zurückgeholt hatte.

In diesem Klima wuchs Valentinianus II. auf und der für die römische Geschichte tragische Tod von Valens auf dem Schlachtfeld wird für ihn persönlich weniger bedeutend gewesen sein, als der spätere Tod seines Bruders. Politisch sah die Sache jedoch anders aus. Der am 19. Jänner 379 zum Augustus erhobene, fähige Soldat Theodosius wollte den Vorrang des Knaben in der Hierarchie der Kaiser nicht anerkennen; hatte dieser doch schon die Autorität seines Bruders untergraben. Der Gipfel der Insubordination war die eigenmächtige Ausrufung von Theodosius’ Sohn Arcadius zum vierten Augustus am 19. Jänner 383. Theodosius’ Kontakte zu unzufriedenen Kreisen im Westen schränkten die Herrschaftsgewalt von Valentinianus II. nach dem Tod seines Bruders am 25. August 383 ebenfalls ein. Nicht umsonst konnte sich der Usurpator Magnus Maximus fünf Jahre halten.

Die neue Vater-Sohn-Rolle, die den älteren, aber niederrangigeren Augusti vorschwebte, konnte von Valentinianus aufgrund seiner schwachen Position nicht bekämpft werden. So suchten er und sein Beraterkreis Vorteile aus der neuen Situation zu ziehen. Man gab sich bewusst unterwürfig und erreicht damit etwa, dass das Ansinnen des Maximus, der junge Kaiser möge unter seiner Obhut in Trier residieren erfolgreich abgewiesen werden konnte. Damit beschränkte sich zwar das Herrschaftsgebiet wie gehabt, doch konnte man wenigstens in diesem einigermassen vernünftig arbeiten.

Als Einzelperson konnte Valentinianus nicht uneingeschränkt handeln. Einige Male mischten sich seine Mitkaiser in Einzelentscheidungen ein und die Kirche trat als Machtfaktor immer offener zu Tage. 384 flammte die Diskussion über die Victoriastatue im Senatsgebäude wieder auf und Valentinianus neigte in diesem Streitfall eher den Heiden zu.

Unter dem wachsenden Einfluss von Iustina, die dem Arianismus anhing, hatten sich die Beziehungen zum Bischof Ambroisus verschlechtert. Der einflussreiche fränkische Magister militum Flavius Bauto versuchte seinen Kaiser ebenfalls in diesem Sinne zu stützen. Der aktuelle Stadtpräfekt Quintus Aurelius Symmachus und Anführer der Heiden in diesem Streit konnte zudem auf die Hilfe des Prätorianerpäfekten von Italien, Illyrien und Africa, Vettius Agorius Praetextatus, zählen.

Doch die Macht der Bischöfe unter der Führung von Ambrosius war stärker als die der offiziellen Träger der Staatsgewalt. Die Kirche bestanden auf den Totalitätsanspruch des Christentums. Die Heiden resignierten und Symmachus trat von seinem Amt zurück. Ein Jahr später starb zudem Praetextatus und von nun an gab es keine heidnischen Wünsche oder Aufbegehren mehr. Als Zeichen des christlichen Sieges wurde an der Stelle einer alten Kirche aus Konstantins Zeiten die Basilika „San Paolo fuori le mura“ (St. Paul vor den Mauern) errichtet. Ihre Inneneinrichtung folgte einer prächtig ausgestatteten Nachbildung der damaligen Peterskirche.

Ein Versuch eine der zahlreichen Kirchen Mediolanums zu Ostern 386 den Arianern zu vermachen, scheiterte am Wiederstand der ortodoxen Partei. Der Kaiser musste sich der Macht der Kirche beugen und konnte keine eigenständige Entscheidung treffen. Einen kleinen Sieg konnte er gegen Ambrosius schlussendlich doch erringen, denn obwohl die Kirchenschenkung vereitelt wurde, kam es zu einem Toleranzedikt zugunsten der Arianer. Da konnte Ambrosius sich ärgern und protestieren, wie er wollte.

Die Hoffnung, Valentinianus würde eher im Geiste seines Vaters denn seines Bruders handeln, zerschlugen sich somit an der politischen Realität. Einflussreiche Bischöfe konfrontierten den Kaiser mit dem Protest der Strasse gegen seine Kirchenschenkung. Noch bevor Theodosius Einspruch in Mediolanum eintraf, war die Sache wieder vom Tisch. Valentinianus hatte sich der Realität gebeugt und ein Blutbad verhindert.

Das Jahr 387 brachte eine noch schrecklichere Wende für den nun 17jährigen Kaiser. Der Usurpator Magnus Maximus wollte den ganzen Westen des Römischen Reiches unter seine Herrschaft zwingen und marschierte deshalb in Italien ein. Sein Plan wies zwei strategische Denkfehler auf. Erstens meinte er Valentinianus würde - da er die Alpenpässe unverteidigt vorgefunden hatte - untätig in Mediolanum bleiben und zweitens Theodosius wäre die Sache egal.

Dem jungen Kaiser war klar, dass Norditalien gegen die Legionen des Maximus nicht zu verteidigen war. So floh er mit seiner Mutter rechtzeitig in die illyrischen Gebiete seines Herrschaftsbereiches und suchte den Kontakt mit Theodosius. Diesem waren die Machtallüren des Usurpators mittlerweile ein Dorn im Auge. Auch sprach die Ermordung von Gratian und die Chancenlosigkeit weiter als Teilherrscher zu regieren gegen Maximus und für Theodosius.

Nun sah der Kaiser des Ostens seine Stunde für gekommen, endlich die eigenen glaubenspolitischen Grundsätze durchsetzen zu können und als väterlicher Urheber von Valentinianus’ Kaiseramt zu erscheinen. Magnus Maximus zog so im Sommer 388 seinem Untergang entgegen und gab Theodosius die Chance nach der Macht im gesamten Reich zu greifen.

Der Form halber musste er Valentinianus 389 einen Herrschaftsbereich zurückerstatten und entschied sich dabei für die gallische Präfektur. Parallel wurden die wichtigen militärischen und zivilen Ämter des Westens mit Vertrauensleuten des Theodosius besetzt - für ihn ein Sieg auf der vollen Linie. Um allen potenziellen Widerständen vorzubeugen hielt er sich bis 391 persönlich in Italien auf.

Für Valentinianus sollten die verbleibenden Jahre eine Zeit des Kummers und der Ohnmacht werden. Man liess ihm nicht einmal seine Selbstachtung, geschweige denn einen Schein der Machtfülle eines Kaisers. Ein antiker Schriftsteller bemitleidete ihn als weniger einflussreich als einen gemeinen Bürger. Die bislang wichtigste Stütze, der Magister militum Flavius Bauto war 388 verstorben und sein Nachfolger war der im Dienste Theodosius’ stehende hochnäsige Franke Arbogast, der jedoch bei den Truppen äusserst populär war.

Ständig schrieb er Beschwerdebriefe an Theodosius im Osten, da dessen Vertrauensleute sich um Valentinianus nicht scherten. Zweimal geriet er mit Arbogast in Konflikt und zweimal zog er den kürzeren. Ein Freund des Kaisers erhob im Kronrat die Stimme gegen Arbogast und dieser griff zu drastischen Mitteln. Vor aller Augen und unter Intervention Valentinianus’ ermordete er den Mann einfach. Kurz darauf unterzeichnete der Kaiser ein Entlassungsdekret um Arbogast los zu werden. Dieser schmiss es ihm vor die Füsse und meinte, dass er von einem Amt, das er nicht von ihm bekommen hatte, auch nicht abberufen werden könne.

Statue des jungen
Valentinianus II.


Quellen: M.Clauss "Die römischen Kaiser", C.Scarre "Die römischen Kaiser", M.Grant "Die römischen Kaiser", O.Veh "Lexikon der römischen Kaiser", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)