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Provinz Pannonia

Wirtschaft

Pannonien bestand aus weiten Ebenen, kleinen Anhöhen und fruchtbarem Ackerland, das durch die Nebenflüsse der Donau reichlich mit Wasser versorgt werden konnte. So hatte es einen deutlich anderen Charakter als das benachbarte, aber gebirgige, Noricum. Dennoch war die Eroberung aus militärischen und nicht aus wirtschaftlichen Interessen aus unternommen worden. So waren die wichtigsten Städte allesamt römische Garnisonen. Rund um die Militärlager existierte die prata legionis; Land, das nur durch das Militär bewirtschaftet werden durfte.

Die militärische Eroberung liess die Sitten und Gebräuche der keltisch dominierten Einwohner weitgehend unangetastet. Vor allem im Bereich der Landwirtschaft gab es bei den Illyrern Unterschiede zu römischen Agrarformen. Aus den Inschriften sind keinerlei Spuren eines Erbrechtes zu finden. Bei den Boiern hatte sich hingegen eine Schicht von reichen Grossgrundbesitzern herausgebildet, die auch Sklaven und Freigelassene für sich auf den Feldern arbeiten liessen.

Ab dem 1.Jh.n.Chr. siedelte man bevorzugt Veteranen in den römischen Kolonien und abhängige Bauern auf freiem Grund an. Diese Ländereien wurden more colonico (per Zenturie) verteilt. Dies führte zu einer Umwälzung der bisherigen Besitzverhältnisse und in weiterer Folge zu einer Konzentration von Grund und Boden. Zeugnis dafür ist die Anwesenheit von ritterlichen und senatorischen Grundherren. Aber auch Soldaten hatten sich in wohlhabende Verhältnisse emporgearbeitet.

Ein weiteres Indiz für die wirtschaftliche Entwicklung sind die römischen Villen, die bereits im 1.Jh.n.Chr. zu entstehen beginnen. Vor allem in den Tälern von Drau und Save zwischen Poetovio, Emona und Siscia sind die Verhältnisse dafür attraktiv. Die Komplexe sind nicht als Luxusanlagen konzipiert, zeigen jedoch einen ausreichenden Wohlstand ihrer Besitzer. Das Hauptaugenmerk lag auf der landwirtschaftlichen Produktion. Dennoch verfügten die Gebäude über beheizte Zimmer und diverse Mosaike. Weitere Villen wurden in der Nähe von grösseren Militärlagern errichtet, so etwa bei Aquincum, Brigetio, Carnuntum und Vindobona.

Weiter von den Städten entfernte Anlagen tauchen erst ab dem 2.Jh.n.Chr. auf. Die Blüte der Villenkultur fand wiederum ein Jahrhundert später statt. Ein Aufschwung unter den Severern zog neue Siedler (vor allem aus dem Osten & infolge einer allgemeinen Wirtschaftskrise) an und förderte das Unternehmertum. Aus diesen Zeiträumen leiten sich auch Ortsnamen von den Villen her ab. Aus den beiden folgenden Jahrhunderten weiss man, dass Gebäudekomplexe von hochangestellten Personen aus dem Senatorenstand existierten. Sie dürften inmitten von grossen Ländereien gestanden haben. Die Konzentration des Grundbesitzes hatte nach Kaiser Marcus Aurelius eingesetzt. Der Einfluss orientalischer Unternehmer kann hier nicht ausgeschlossen werden. Trotzdem blieben die traditionellen Güter die wirtschaftliche Grundlage der illyrisch-pannonischen Soldaten.

Aus Ziegelstempeln mit der Aufschrift Caesariana weiss man, dass es auch in Pannonien kaiserliche Domänenbetriebe gab. Was allerdings fehlte waren Bergwerke. Zwar erwähnen Münzen metalla Pannoniae (pannonische Metallbetriebe), doch bezieht sich die auf die Verarbeitung von importierten Erzen. Neben diesen Belegen für die Metallverarbeitung sind auch Steinbrüche überliefert.

Das lokale Gewerbe produzierte Massenverbrauchsgüter wie Gebrauchskeramik, Öllampen oder Bronzefibeln. Zwar wurde all dies schon vor der römischen Eroberung hergestellt, doch lässt sich eine Verfeinerung der Arbeiten durch neue römische Techniken erkennen. Da sich mit der Besatzung auch die Bevölkerungszahl erhöhte, reichte die hiesige Produktion nicht aus. Die Lücke wurde durch Importe aus Italien geschlossen. In von den Stadtzentren entfernteren Gegenden wurde Keramik auch selbst hergestellt.

Der Handel vollzog sich schon lange vor den Römern über das italische Aquileia. Importiert wurden neben den erwähnten Produkten - die die Po-Ebene lieferte - auch Glas, Fisch, Wein und Öl. Im weiteren etablierte sich in Pannonien auch eine einheimische Glasproduktion. Über Aquileia führte damals auch der Fernhandel, der auch orientalische Waren lieferte. Auf umgekehrtem Weg exportierte man Sklaven aus dem barbarischen Umland nach Italien. Der Bernsteinhandel war im 1.Jh.n.Chr. in römische Hand gekommen und spielte im Luxuswarenverkehr eine bedeutende Rolle.

So entwickelte sich auch der Handelsstrom mit den benachbarten Provinzen; vor allem wenn die jenseitigen Gebiete weniger entwickelt waren. Im 1.Jh.n.Chr. standen Handel und Gewerbe noch stark unter italischem Einfluss. Nach der Sicherung der Donaugrenze gewann die Flussschifffahrt immer mehr an Bedeutung. Für den West-Ost-Handel mit Byzanz bzw. dem Pontos Euxinos wichtig war auch das Savetal.

Das Aussenwirtschaftszentrum Aquileia büsste gegen Ende des 1.Jh.n.Chr. seine Rolle zugunsten von Germanien und Gallien ein. In der Handelsbilanz dominierten die Importe. Exportiert wurden seit dem 2.Jh.n.Chr. vor allem Sklaven, Leder, Vieh und Getreide. Der Transithandel zwischen Italien und dem Barbaricum wurde hauptsächlich über Carnuntum (wegen des Schnittpunkts der wichtigsten Überlandstrassen) und Aquincum (als günstigster Hafen und Limesüberquerungspunkt) abgewickelt. Transportiert wurden überwiegend Vieh, Getreide und Hölzer aller Art.

Für diesen Handel über den Limes galten strenge Vorschriften. Im ius comercii (Handelsrecht) war etwa geregelt, dass die Grenze nur bei Tag überschritten werden durfte. Der Tauschhandel unterlag Beschränkungen, indem Roheisen, verarbeitetes Eisen, Salz, Öl, Getreide, Wein, Waffen und Gold nicht ausgeführt werden durften. Die Handelsplätze waren fix vorgegeben und lagen zumeist neben den Legionslagern, wo man für diesen Zweck ein eigenes Forum mit Basilika errichtete. Beaufsichtigt wurde der Handel durch beneficiarii. Die Markttage scheinen erst durch Marcus Aurelius geregelt worden zu sein, der aber nach seinem Sieg über die Quaden 173 diesen die Teilnahme an den Märkten im Grenzland untersagte.

Bodenschätze gab es in der Provinz kaum und so sind lediglich Steinbrüche überliefert. Allerdings wurden dalmatinische Silbergruben und norische Eisenminen zeitweise von Prokuratoren in Pannonien aus verwaltet:

  • M. Antonius Fabia Fabianus (zw. 138 und 161, dalmat. Silberminen)

  • L. Septi[mius?] Petronianus (vor 161, dalmat. Silberminen)

  • Ti. Claudius Proculus Cornelianus (zw. 180 und 192, dalmat. Minen)

  • Ti. Claudius Papiria Xenophon (um 188, dalmat. Silberminen)

  • L. Domitius Eros (erste Hälfte 3.Jh., dalmat. Minen)

  • Fl. Verus Metrobalanus (zweite Hälfte 2. od. 3.Jh., norische Eisenminen)

  • Q. Septueius Clemens (unbekannter Zeitpunkt, Conductor der Eisenminen in Noricum, Dalmatien und Pannonien)

Pannonien gehörte zum illyrischen Zollbezirk, der erstmals in claudischer Zeit erwähnt wurde. Im 2.Jh.n.Chr. umfasste das Zollgebiet neben dem italischen Venetia, Noricum, Pannonien (beide Teile), Dalmatien, Moesien (beide Teile) und Dakien (drei Teile). An die Stelle der in republikanischer Zeit üblichen grossen Steuerpachtgesellschaften waren einzelne conductores getreten. Es kam aber ab und zu dennoch vor, dass mehrere Personen sich für diesen Zweck zusammentaten. Unter Marcus Aurelius wurde die Zollverwaltung verstaatlicht und die Verantwortung eigenen Prokuratoren übertragen.

Zur Zeit des Pachtsystems wurde der Zoll von Illyricum in der Regel als publicum portorium bezeichnet. Unter der staatlichen Verwaltung hiess er dann vectigal Illyrici. Wie hoch der Zollsatz lag, ist leider nicht überliefert. Die Historiker legen den Wert zwischen 2,5 und 5 %. Das Zentrum des provinzübergreifenden Zollwesens war Poetovio. Zollstationen in inferior waren Aquincum, Intercisa, Altinum, Statio Confluentes, Sirmium, Albertirsa und das heutige Szeged; in superior: Brigeto, Savaria und Siscia.

Die Stationierung mehrerer Legionen wirkte sich durch die regelmässigen Soldzahlungen auf den Wohlstand des Landes äusserst positiv aus. Wirtschaftliche Krisen erlebte die Provinz erst gegen Ende des 3.Jh.n.Chr. Unter den Donauprovinzen war Pannonien die am stärksten entwickelte und romanisierte. Aufgrund der überlieferten Bodenbewertungen kann man schliessen, dass die Tributleistungen nicht drückend ausgefallen waren.

In spätantiker Zeit gründete sich der Wohlstand auf die grossen kaiserlichen und privaten Domänen. Im Jahre 376 wurden die Goten als Föderaten auf pannonischem Boden angesiedelt. Dies hat sich auf die weitere Entwicklung negativ ausgewirkt. Die Neusiedler waren sehr unstet in ihrer Sesshaftigkeit und begannen die Provinz auszuplündern. Zwei Jahre später ruinierten nachströmende Goten und Hunnen Pannonien weiter durch ihre Raubzüge.

Im Gegensatz zur allgemeinen Wirtschaftskrise seit der Herrschaft des Sepimius Severus nahm Pannonien einen Aufschwung.


 

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(PL)