Version LX

KULTUR
Medizin


DEUTUNGEN I
DEUTUNGEN II

NAHER OSTEN
GRIECHENLAND
ATTISCHE "PEST"

ITALIEN 1.Jh.n.Chr
ANTONIN. "PEST"
CYPRIAN. "PEST"

IUSTIN. PEST I
IUSTIN. PEST II
IUSTIN.PEST III

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Seuchen im Altertum

Mangelnde hygienische Bedingungen, klimatische Auswirkungen und die Unmöglichkeit einer Heilung liessen den Seuchentod in manchen Gegenden im Altertum permanent präsent sein. Dabei zeigen antike Massenerkrankungen meist nur endemischen (= auf ein bestimmtes Gebiet beschränkten) Charakter, da zwischen den dichtbesiedelten Regionen meist grosse kaum erschlossene Gebiete lagen. Wenn sich Seuchen weiter verbreiteten, dann entweder über die Handelswege oder - und das scheint der überwiegende Teil gewesen zu sein - im Zuge von unnatürlichen Menschenansammlungen bei Kriegszügen.

Umso grösser waren die Auswirkungen einer Seuche, wenn es zum Ausbruch einer grossen Epidemie kam. Die herausragendsten Beispiele hierfür sind die Hethiterseuche im 14.Jh.v.Chr. und die Antoninische "Pest" im 2.Jh.n.Chr. Pandemiecharakter erlangte erst die Justinianische Pest im 6.Jh.n.Chr. Dennoch ist bei einer Gesamtbetrachtung der Antike zu bemerken, dass Massenerkrankungen wie die Pestzüge des Mittelalters damals nicht auftraten; weder aus bekannten noch aus unbekannten Erregern.

Bereits im 5.Jh.v.Chr. hatte die rein religiöse Deutung von Seuchen Konkurrenz bekommen. Um 450 v.Chr. war die Medizin so weit fortgeschritten, dass einfache Erkrankungen bereits geheilt werden konnten. Zudem hatten sich medizinische Schulen in Kos und Knidos etabliert, die das Wissen weitergaben. Im wesentlichen war das Wissen nicht neu im Sinne von Experimenten gewonnen worden, sondern durch die beständige Sammlung von Erfahrungswerten. Rasch erkannte man, dass Epidemien vor allem mit Nahrungsmangel (konkreter: Verwendung qualitativ schlechter Nahrungsmittel), klimatischen Verhältnissen und Kriegen in Verbindung standen.

Eine ausreichend fundierte Retrodiagnose ist bei in der Antike auftretenden Seuchen und Massenerkrankungen nur sehr eingeschränkt möglich. Die meisten antiken Seuchen, die epidemische Ausmasse erreichten, werden mit den Pocken in Verbindung gebracht. Hierbei wurden literarisch überlieferte Symptome, aber auch archäologische Befunde (z.B. an Mumien) herangezogen. Ein grosser Unsicherheitsfaktor bleibt bei den Pocken jedoch die hohe Mutationsrate des Virus, sodass die Symptome des Altertums nicht unbedingt mit jenen der Neuzeit übereinstimmen müssen. Zudem ist zu beachten, dass der Stoffwechsel eines antiken Menschen anders funktionierte, als jener eines modernen.

Trotz einiger Berichte über Mäuse (und Ratten), konnte die Pest in all ihren Ausprägungen für die Hochantike und die Zeiten davor bislang nicht nachgewiesen werden. Medizinhistorisch geht man davon aus, dass erstmals 541 n.Chr. der Mittelmeerraum von der Beulen- und Lungenpest heimgesucht wurde; was vor allem durch die extrem hohen Sterblichkeitsraten und Symptome gestützt wird.

Eine heutzutage jährlich wiederkehrende Gefahr, kannte man dagegen im Altertum noch nicht: Die Grippe. Erkältungen gab es damals ebenso häufig wie heute, doch eine echte Virusgrippe blieb den antiken Menschen erspart. Die erste todbringende Grippepandemie ist nämlich erst für das Jahr 877 belegt. Vor allem aus dem Fehlen solcher periodisch wiederkehrender Krankheiten lässt sich erklären, dass sich in der Antike keine eigene medizinische Seuchentheorie entwickelte - man brauchte sie schlichtweg nicht.

Dieses schlichte Faktum wirft in der Moderne natürlich eine Frage auf: Warum war dies so? Es ist nicht anzunehmen, dass damals die Zahl der krankheitsauslösenden Viren und Bakterien deutlich geringer war. Bislang gibt es keine wirkliche Antwort auf diese Frage und die Forschungen stecken noch in den Kinderschuhen. Aber die Fragestellung sollte im Zeitalter der "Vogelgrippe" zu denken geben.

Mangelnde Getreidequalität bot in der Antike ein grosses Potenzial für Massenerkrankungen


Quellen: K-H.Leven "Antike Medizin", M.Meier "Pest", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)