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KULTUR
Medizin


ITALIEN 1.Jh.n.Chr
ANTONIN. "PEST"
CYPRIAN. "PEST"

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Seuchen in Italien im 1.Jh.n.Chr.

Die "Kinnkrankheit" in Italien unter Tiberius um 25 n.Chr.

Während der Regierungszeit des Kaisers Tiberius brach eine Hautkrankheit epidemischen Charakters aus. Sie war weder schmerzhaft noch führte sie zum Tod, doch die Gesichter wurden entstellt. Sie erhielt damals den griechischen Namen leichen (grch. Flechte) und wurde umgangssprachlich als "Kinnkrankheit" bezeichnet, da sie typischerweise an besagtem Gesichtsteil als erstes auftrat. Bei einigen breiteten sich die Hautschuppen über den ganzen Körper aus. Interessant ist zudem ein Bericht, wonach nur die Männer der Oberschicht davon betroffen gewesen sein sollen.

Wenn die Krankheit kleinflächig blieb, so verätzte man die Haut, was naturgemäss mit grösseren Narben verbunden war. Jedoch musste man gründlich sein und keine befallene Stelle übersehen. Eine weitergehende Ausbreitung scheint hingegen ein Erlass des Kaisers verhindert zu haben. Man hatte nämlich erkannt, dass die Hauptansteckungsquelle der in der Oberschicht weit verbreitete cotidiana oscula (Begrüssungskuss) war. Tiberius liess daraufhin diesen Kuss verbieten und womöglich auch noch andere Massnahmen der Separation treffen. Sie dürften in Summe erfolgreich gewesen sein, denn die Quellen berichteten nichts mehr von dieser Hautkrankheit.

Nach Italien eingeschleppt wurde die Krankheit angeblich durch einen römischen eques (Ritter) aus Perusia, der als Schreiber beim Quaestor in Asia beschäftigt gewesen war. Wenn dies nicht eine rein literarisch-religiöse Deutung (Pandoraeffekt einerseits und Befleckung andererseits) ist, so müsste sie in besagter Provinz ebenfalls aufgetreten sein. Die Quellen sind jedoch zu mangelhaft, um auf entsprechende Erkrankungen zu schliessen. Anzumerken ist noch, dass die Behandlung von Augen- und Hautkrankheiten in der Antike am weitesten von allen Heilmethoden fortgeschritten war. Eine Retrodiagnose ist in diesem Fall mehr als schwierig.

Die "Pest" in Rom unter Nero 65 n.Chr.

Während der Herrschaft von Kaiser Nero soll es in Rom im Jahre 65 n.Chr. zu einer Seuche gekommen sein, der 30.000 Menschen zum Opfer fielen. Eine Ausbreitung auf andere Städte wird in den Quellen nicht erwähnt und auch ein späteres Aufflackern hat es nicht gegeben.

Alleine aus diesen Fakten ist zu erschliessen, dass die Krankheit keine echte Epidemie in medizinischem Sinn war. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass sich erst ein Jahr zuvor der grosse Brand von Rom ereignet hatte und dementsprechend sowohl die hygienischen Verhältnisse als auch die Nahrungsmittelversorgung zu wünschen übrig liessen. Ausserdem relativiert sich die Zahl von 30.000 Opfern etwas, wenn man die Bevölkerungskonzentration von knapp unter einer Million in Betracht zieht.

Dementsprechend handelte es sich bei der "Pest" des Jahres 65 wohl um eine durch mangelhafte Ernährung und schlechte hygienische Versorgung ausgelöste Massenerkrankung epidemischen Charakters, jedoch keine ansteckende Seuche. In späteren christlichen Jahrhunderten, als man Nero krampfhaft als Scheusal hinstellen wollte, wurde das verwendete Wort pestilentia natürlich zu seinen Ungunsten als grosse Epidemie ausgelegt und als Strafe Gottes gedeutet.

Mangelnde Getreidequalität bot in der Antike ein grosses Potenzial für Massenerkrankungen


Quellen: K-H.Leven "Antike Medizin", M.Meier "Pest", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)