GEOGRAFIE |
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LOCUS FELIX ALPHABETISCH |
Locus Felix (Wallsee-Sindelburg/NÖ) Namensgebung & Archäologie Der antike Name für das Kohortenkastell in Wallsee-Sindelburg ist nicht hundertprozentig gesichert, da es kein Funde mit entsprechenden Inschriften gibt. Aus der Notitia Dignitatum, einer spätantiken Truppenaufstellung, wurden zwei verschiedene Namen abgeleitet. Zum einen Ad Iuvense, das allerdings als Standort für ein Aussenlager der Legio I Noricorum zu nahe an Lauriacum (Enns) gelegen wäre, und zum anderen Lacufelix, das zwischen Lentia (Linz) und Arelape (Pöchlarn) lag. Ausserdem lagen in Ad Iuvense zuletzt liburnii (eine Art Marineinfanterie), die auf einem Höhenkastell doch etwas deplaziert gewesen wäre. Der klassische Name als Locus Felix ("glücklicher Ort"), wurde bereits 1875 angenommen; die Anlage selbst bereits in den Jahren 1868/69 vermutet, da seit der Jahrhundertmitte beständig Funde (Grabreliefs, Keramik, Ziegeln, Münzen, etc.) gemacht wurden. 1925 wurde ein ungefährer Grundriss des Lagers gezeichnet. Die echte Entdeckung erfolgte 1966, mit ersten Grabungen im darauffolgenden Jahr. In den Jahrhunderten seit der Aufgabe des Kastells haben sich ca. 60-80 cm Bodenschichten (im Lagerinneren interessanterweise 120 cm) angesammelt. Mit der Grabung konnte auch eindeutig geklärt werden, warum Wallsee zwar einen attraktiven Stadtturm besitzt, aber keine im Ortszentrum befindliche Kirche. Diese liegt einen guten Kilometer ausserhalb in Sindelburg, da man die frühen christlichen Kirchen auf heidnischem Sakralboden - der immer ausserhalb von Militäranlagen lag - errichtet hatte. Lageplan von Lager & Vicus in Wallsee Das Lager von Locus Felix in der Hohen Kaiserzeit (spätes 1. bis Mitte 3.Jh.n.Chr.) Das Lager von Locus Felix wurde nahe eines zur Donau abfallenden Abhangs errichtet, der sich hervorragend für die Überwachung des jenseits der Donau gelegenen östlichen Machlands und des weitverzweigten Wasserweges eignete. Rücklings erfuhr die Anlage Schutz durch Wallanlagen und Gräben. Der Spitzgraben besass eine Breite von 12,5 sowie eine Tiefe von ca. 2,6 m. Zwischen dem Lager selbst und den vorgelagerten Gräben entwickelte sich der obligatorische Vicus (ziviles Lagerdorf). Ein Gräberfeld wurde nordwestlich der Siedlung in ehemals sumpfigem Gelände geortet; wobei nach nicht mehr lokalisierbaren Funden auch ein zweites Gräberfeld vermutet wird. Die Strassenanbindung erfolgte gen Westen über den Spitzgraben und durch den Vicus hinweg. Es konnte eine Kreuzung nachgewiesen werden, wobei ein Strassenast nach Süden zum nächstgelegenen Burgus (alleinstehender Wachturm), der andere zum Gräberfeld und den Heiligtümern führte. Entdeckt wurden auch Spurrillen im Sandstein bei Steigungen (z.B. Weg von der Donau zur Ziegelei). Die nächstgelegene Reichsstrasse verlief weiter südlich etwa dort, wo jetzt die Autobahn "A1" verläuft. Der Grundriss des Lagers entspricht einem leicht verzogenen, beinahe schon quadratischen, Rechteck mit 160 mal 200 m bei einer Gesamtfläche von ca. 3,2 ha. Eine der beiden Lagerstrassen bestimmt heute noch die Form des Marktplatzes und selbst das moderne Gemeindeamt steht dort, wo früher einmal der Zentralbau samt Fahnenheiligtum seinen Platz hatte. Den Keramiken und Münzfunden nach zu urteilen, wurde Locus Felix im späten 1.Jh.n.Chr., vielleicht unter Kaiser Domitian im Zuge seiner Donaukriege angelegt. Eine vorherige Prospektion als potenzieller Standort seit Claudius ist möglich (vgl. Comagenis). Die Umwallung in Holz-Erdebauweise umschliesst in etwa den heutigen Ortskern, wobei der genaue Verlauf meist innerhalb der Häuser liegt. Nach den Markomanneneinfällen in den Jahren 160 bis 180 n.Chr. wurde das wohl zerstörte Lager in Steinbauweise neu aufgebaut. Bislang liess sich nur der Rest eines Turmes an der nördlichen Mauer ausmachen. Einige Mauerverläufe ausserhalb der eigentlichen Umwallung harren bislang einer Erklärung. Den ergrabenen Ziegeln mit Stempelungen liessen sich zwei (vielleicht sogar drei) Hilfstruppeneinheiten für Locus Felix ermitteln. Mit Sicherheit war hier als erstes die cohors V Breucorum stationiert; unsicher ist die Lesung der Abkürzungen C PR AV B und C PR A B. Wahrscheinlich bezeichnen sie die selbe Einheit, deren Name sich aber bislang einer konkreten Zuordnung entzog. Eine Auflösung des letzteren Kürzels auf C(ohors) PR(ima) A(elia) (und/oder A(ugusta)) B(rit(t)onum) bleibt unsicher. Die Mannschaftsstärke betrug 1000 Mann Infanterie. Unbestritten ist dagegen die umfassende Bautätigkeit der Soldaten dieser Infanterieeinheit. Die Ziegelei lieferte ihre Produkte sogar nach Lauriacum. Ziegelstempel tauchten auch von der legio X Gemina und der legio II Italica (während ihrer Stationierung im Lager vom unweit entfernten Albing) in Locus Felix auf. Im vicus (Lagerdorf) von Locus Felix konnten teilunterkellerte und mit Hypokausten (Bodenheizungen) ausgestattete Wohn- und Wirtschaftsgebäude ermittelt werden. Töpfereibetriebe, Schmieden und eine Molkerei/Käserei (mit den grössten - ca. 1 m im Durchmesser - ergrabenen (Aufrahm)Schüsseln des Römischen Reiches!) gelten als gesichert. Im Westen des Lagers gab es noch eine Figulina (Ziegelei) mit einem Trockenlagerplatz für Ziegel, die sowohl vom Militär als auch von privater Hand (überlieferter Name: Petronius) geführt wurde. Zahlreiche Funde von Terra Sigillata (1. bis 3.Jh.n.Chr.) und brauner bzw. grüner pannonischer Keramikware (4. & 5.Jh.n.Chr.) belegen die durchgehende zivile Besiedelung des Ortes. Die tägliche Gebrauchskeramik wurde entweder vor Ort hergestellt oder aus den nächstgelegenen Zentren in Cetium (St. Pölten), Lauriacum (Enns) oder Ovilavis (Wels) herangeschafft. 1989 fand man den Rest einer Amphore, die beweist, dass spanisches Olivenöl importiert wurde! Welche Tempelanlagen in Locus Felix existierten ist unbekannt. Belegt durch einen Fund in er Umgebund ist lediglich die Veehrung des Jupiter Dolichenus. Hinweise gibt es noch für den Mithraskult. Exakt am Ende einer der Ausfallstassen des Kastells gibt es eine kleine Höhle, die noch bis in die 60er Jahre mit einer Marienstatue bestückt war. Es ist anzunehmen, dass dort in antiker Zeit ein Mithräum seinen Platz hatte. Das Christentum scheint bereits sehr früh den Ort erreicht zu haben, wenn man ein ergrabenes Relief mit klassisch-christlicher Fischsymbolik des 1.Jh.n.Chr. richtig deutet. Nach dem verbot der alten Kulte seit Kaiser Theodosius dürfte am Platz der "ausser Mode" gekommenen Kultstätten eine kleine christliche Taufkirche errichtet worden sein. Das Lager von Lucus Felix in der Spätantike (Mitte 3.Jh. bis 5.Jh.n.Chr.) Die letzten Ziegellieferungen durch die legio II Italica nach Locus Felix lassen sich im späten 4.Jh.n.Chr. etwa zur Zeit des Kaisers Valentinianus nachweisen. Damals unterstand die Anlage (wie auch die anderen in der Provinz Ufernoricum) einem dux (Militärbefehlshaber). Auch dessen Name ist überliefert: Ursicinus. In der Spätantike erfolgte wie bei den meisten Siedlungen entlang des Donaulimes eine Reduzierung der Truppenstärken, sodass sich das für 1000 Mann konzipierte Lager als zu gross erwies. Im Südosten wurde deshalb im späten 4.Jh.n.Chr. innerhalb der bestehenden Anlage ein eigenes, kleines Kleinkastell errichtet. Die ergrabenen Reste dieser Umwallung haben eine Stärke bis zu. 2,1 m. Verwendet wurde u.a. rot gesprenkelter Granit, der nicht in der Gegend vorkommt. Verputzt wurde alles mit Heisskalkmörtel, dessen Grundlage der reichlich vorhandene Donauschotter war. In die selbe Zeit fällt die Errichtung von Hufeisentürmen und Fächertürmen an den Kastellecken. Nach der Reorganisation des Reichsheeres seit Kaiser Gallienus veränderte sich auch die Besatzung des Lagers Locus Felix. Gemäss der Notitia Dignitatum waren hier im ausgehenden 4.Jh.n.Chr. equites sagittarii (berittene Bogenschützen) stationiert. Der im Lager frei gewordene Platz wurde der Zivilbevölkerung zur Verfügung gestellt, die sich nun hinter die Mauern zurückzog. Die Wasserversorgung war durch einen ausgezeichneten Brunnen im Restkastell gesichert. Die Lage nach dem geordneten Abzug der Romanen 488 n.Chr. Ein Weiterbestehen der Siedlung selbst nach dem Abzug der letzten Garnison ist nicht anzunehmen. Die Reste des Lagers verfielen mit der Zeit, ohne dass noch im frühen Mittelalter eine Wiederbesiedelung einsetzte (wie etwa in Comagenis). Die freistehenden Mauerreste wurden jahrhundertelang als Steinbruch benutzt (für die Sunilburg, die Feste Niederwallsee sowie den Kern des jetzigen Schlosses Wallsee). Die vorgegebenen Lagerstrukturen liessen sich aber noch im 15.Jh. erahnen, da in jener Zeit Wallsee als Dorf beinahe exakt auf dem ehemaligen Lagergelände neu gegründet wurde. |
Soldat einer Hilfstruppeneinheit |
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Quellen: Broschüre des Römermuseums Wallsee-Sindelburg, H.Friesinger & F.Krinzinger "Der römische Limes in Österreich", Internetseite der Gemeinde Wallsee-Sindelburg www.wallsee-sindelburg.gv.at |
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