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Flavius Placidus Valentinianus (III.)

Herrschaft II

437 übernahm Valentinian an seinem achtzehnten Geburtstag die kaiserlichen Pflichten von seiner Mutter. Für alle sichtbar wurde die nunmehrige Volljährigkeit durch die Heirat mit Licinia Eudoxia, der Tochter von Theodosius II. Seine Braut galt als herausragende Schönheit und doch sagte man dem Kaiser ständige Affären mit verheirateten Frauen nach.

Da sich Valentinian dem Wunsch des Ostens beugte, wonach nicht nur Illyricum (das bei seiner Verlobung abgetreten wurde), sondern auch Pannonien dem Osten zugeschlagen werden sollte, blieb die Beziehung zwischen den beiden Teilreichen intakt. Obwohl dieser Vorgang die Machtverhältnisse deutlich zeigte, gab Valentinian damit auch einen Konfliktherd an seinen Verwandten im Osten weiter. Sirmium war durch die Hunnen schon länger vom Westreich abgeschnitten gewesen.

Um die militärischen Belange kümmerte sich alleine Aetius, der als magister militum immer mehr eigenständig handelte. Valentinian blieb im wesentlichen nur die Verwaltung im Inneren und hier vor allem die Rechtspflege. Trotzdem gelang es ihm - im Gegensatz zu anderen Kaisern jener Tage - sich in alle möglichen Angelegenheiten einzumischen. Nicht Aetius, sondern der Kaiser, besorgte Rekrutierungserlasse und Steuerfestsetzungen zwecks Finanzierung des Heeres. Unter dem Eindruck des Verlustes von Nordafrika als Nahrungsmittelquelle antwortete Valentinian mit einer Reihe von Notstandsmassnahmen, die die Lage etwas stabilisierten.

Der Mangel an Rekruten konnte allerdings nie beendet werden. Edikte der Jahre 440 und 443 zeigen, dass die Bereitschaft der Römer für den Militärdienst beinahe am Nullpunkt angelangt war und nur in Notfällen Rekruten eingezogen werden konnten. Jeder neue Rekrut bedeutete meist auch eine Person weniger, die Güter und Dienstleistungen hätte erbringen können. 444 musste Valentinian öffentlich eingestehen, dass sein Plan einer erneuten Mobilisierung an Geldmangel gescheitert war.

An den Grenzen sah sie Lage noch prekärer aus. Aetius und seine Mannen konnten zwar Italien schützen und wenigstens den gallischen Besitz halten, doch alle anderen Gebiete waren praktisch von Rom losgelöst worden. In Nordafrika sassen die Vandalen unter ihrem König Geiserich, Spanien entzog sich immer mehr der Zentralverwaltung und Britannien war bereits von Kaiser Honorius militärisch aufgegeben worden.

Dass Gallien wenigstens theoretisch im Reichsverband blieb, grenzte beinahe an ein Wunder, wenn man sich die Situation jener Zeit ansieht. Aetius konnte verhindern, dass sich die Westgoten unter Theoderich an den noch tatsächlich römischen Gebieten um Narbonne und Arles heranmachten. Den Bagauden gelang es zeitweise die Aremorica vom Reichsverband zu lösen, doch erwiesen sich diese Versuche immer nur von begrenzter Dauer. Die Franken drängten unaufhaltsam von Norden nach Südwesten vor und eroberten schliesslich Köln. Die Burgunder hatten sich seit gut 25 Jahren in dem ihnen zugewiesenen Gebiet um Worms ruhig verhalten. Doch plötzlich setzten sie sich in Bewegung und wollten in die Belgica ziehen. Ohne diesen stabilisierenden Faktor, wäre Gallien vollends gekippt, sodass Aetius gerade erst angeworbene Hunnenkontingente gegen die Burgunder einsetzte und sie niedermetzeln liess. Dieses Blutbad fand übrigens Eingang in die Nibelungensage und wurde damit in mythische Sphären entrückt. Jene, die davon kamen wurden in Sabaudia (Savoyen) angesiedelt.

Die grösste militärische Bedrohung dieser Zeit stellten die Hunnen dar, denen scheinbar niemand gewachsen schien. Zwar kämpften sie wie alle mit wechselndem Kriegsglück, doch im Endeffekt gewannen sie immer etwas dazu. Bislang hatten grosse Kontingente in Aetius Armee gedient, doch nun begannen sie sich auch direkt gegen die Römer zu wenden. Seit 430 konnten sie unter ihren Führern ein riesiges Reich in Mittel- und Osteuropa aus dem Boden stampfen. 434 fiel das Gebiet an die Brüder Attila und Bleda. Letzterer wurde von ersterem umgebracht, sodass Attila Alleinherrscher wurde.

Im Osten zahlte man den Hunnen für ihr Stillhalten regelmässig enorme Tribute. Erst Kaiser Marcianus weigerte sich 450 die Zahlungen fortzusetzen. Da Attila sein Heer für einen Frontalangriff auf das Ostreich als zu schwach ansah, wollte er sich zunächst Ressourcen im Westen beschaffen. Just in diesem Moment beeinflusste Iusta Grata Honoria, die Schwester von Valentinian, den Lauf der Geschichte. Ihr Bruder wollte sie dazu zwingen einen ihr wesensfremden Römer zu heiraten. Sie weigerte sich und schickte ihren Siegelring zu Attila mit einem Hilfeersuchen. Attila sah in dieser Geste ein Eheversprechen und wollte von Valentinian die Hälfte des Reiches als Mitgift. Der Kaiser lehnte dieses Ansinnen natürlich ab und die Hunnen rückten in Gallien ein um sich ihren Anteil zu sichern.

In dieser prekären Situation schickte Valentinian seinen obersten Feldherrn nach Gallien, um zu retten, was noch zu retten war. Das militärische Geschick des Aetius gepaart mit römischer Diplomatie brachte eine Koalition zustande, die es erlaubte den Hunnen unter ihrem König Attila in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern (bei Troyes in Frankreich) eine strategische Niederlage beizubringen. Noch nie war ein hunnisches Heer derart geschlagen worden. Die Verluste auf beiden Seiten waren gross. Vor allem die auf Seiten der Römer kämpfenden Westgoten hatten zu leiden gehabt; immerhin war ihr König Theoderich gefallen.

Leider war es den Römern nicht vergönnt die Hunnen endgültig zu vernichten. Aetius hatte verabsäumt (oder einfach nicht genug Truppen) die Übergänge an den Alpen zu sichern, sodass die zurückströmenden Verlierer 452 Norditalien plündern konnten. Aquileia sollte sich von diesem Schlag nie mehr erholen und auch Pavia und Mailand nahmen grossen Schaden.

Der nun folgende Vorfall ist ein guter Blickpunkt auf die tatsächlichen Machtverhältnisse in Italien dieser Tage. Sich in der Zwickmühle befindend, aber dennoch mit genügend Truppen im Verband, wollte Attila nach Rom marschieren. Da Valentinian über keine Truppen im Kernland verfügte, lag es an einem anderen Mann, sich der Bedrohung zu stellen. Papst Leo I. zog den Hunnen entgegen und wirkte wohl so überzeugend, dass sie davon abliessen weiter nach Italien vorzudringen. Attila zog daraufhin ohne grössere Zwischenfälle in die Theissebene. Kurze Zeit später vermählte er sich mit einer jungen Germanin, der er im Bett allerdings nicht gewachsen war. 453 verstarb er an einem Blutsturz und das Hunnenreich zerfiel beinahe über Nacht.

Noch im gleichen Jahr erhielt Aetius für das erwirkte Wunder auf den Katalaunischen Feldern die entsprechende Anerkennung. Des Kaisers Sohn wurde mit seiner Tochter verlobt und Aetius wurde zum vierten Mal Konsul. Soviel Ehre erzeugte auch Neid und einer davon war Petronius Maximus, je zweimal gewesener Prätorianerpräfekt von Italien und Stadtpräfekt von Rom. Auch Heraclius, der kaiserlicher Kämmerer, gönnte dem Germanen seinen Ruhm nicht. Aetius war darüber wohlinformiert und begann gegen die beiden zu intrigieren.

In dieser Situation, fasste Valentinian den Mut seine Position zu festigen. Mittlerweile hatte sich auch die politische Situation geändert. Seine Mutter war verstorben und auch im Osten regierte mit Marcianus ein neuer Kaiser. Valentinian sah sich nun als rangältester Kaiser und konnte sogar eine ablehnende Haltung gegenüber dem Ostkaiser durchsetzen. Somit schien es, als könnte sich das angeschlagene Westreich wieder erholen und zum Gegenschlag ansetzen.

Am 21. oder 22. September 454 rief Valentinian seinen obersten Heermeister in den Palast - angeblich wegen einer Finanzprüfung. In Wahrheit ging es um die Macht im Staate. Beide Kontrahenten gerieten in Streit und Valentinian legte persönlich Hand an seinen Gegner. Der Hofkämmerer Heraclius versetzte dem schwer verletzten Aetius schliesslich den Todesstoss.

Da Aetius von vielen Germanenstämmen wegen seiner Fähigkeiten verehrt wurde, war damit zu rechnen, dass es zu Aufständen kommen würde. Doch das Prestige des Sieges über die Hunnen hatte wohl auf Valentinian abgefärbt, denn es gelang mittels Gesandtschaften die Germanenreiche, allen voran Westgoten, Vandalen und Sueben, vorläufig auf Distanz zu halten.

Solidus von 4,31 g des Valentinanus III.
(ca. 430 n.Chr.)

 
 

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(PL)