WIRTSCHAFT |
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STEUERSYSTEM
VERANLAGUNG |
Der Staatshaushalt des
Imperiums
Das ob seiner Grösse und Komplexität im gesamten Mittelmeerraum bis dato einmalige Staatswesen des römischen Kaiserreiches benötigte für damalige Verhältnisse enorme Finanzmittel. Verglichen mit heutigen Besteuerungsstandards ringt uns der römische Finanzbedarf jedoch ein mildes Lächeln ab. Die Hauptausgabeposten waren: 1. stehendes Heer und Flotte samt Begleitindustrie Bis in die späte Republik wurden die Staatsausgaben nicht zentral erfasst. Erst Kaiser Augustus liessen ein rationarium (Haushaltsplan) und ein breviarium totius imperii (Reichsfinanzstatistik) zusammenstellen um den völlig desolaten Staatshaushalt am Ende der Republik in den Griff zu bekommen. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es ein komplexes System der Finanzierung, zumal nicht alle anfallenden Kosten direkt vom aerarium (Stadtstaatskasse Roms) getragen wurden, sondern ambitionierte reiche Politiker viele staatliche Aufgaben finanzierten. Dieses System war mit ein Grund für den Untergang der späten Republik. Darüber hinaus entstanden durch die Kampfhandlungen und eine laxe Verwaltungspraxis enorme Steuerrückstände. Der Schriftsteller Plutarch schätzte die Einnahmenlage des Römerreiches in spätrepublikanischer Zeit auf ca. 340 Millionen Sesterzen. Mit Augustus gab es dann reichsweit nur mehr zwei Kassen: das vom Senat kontrollierte aerarium und den kaiserlichen fiscus (Privatkasse des Kaisers). Die rationaria wurden von den meisten Kaisern erstellt, wobei unklar ist ob es jährliche Aufstellungen gab. Einige Kaiser liessen Rechenschaftsberichte veröffentlichen, sodass sie wohl nicht nur einmal in der Regierungszeit erstellt wurden. Leider hat sich kein einziger dieser Berichte überliefert - sieht man einmal von jenem propagandistischen des Kaisers Augustus ab. Folglich muss man sich an einige wenige in Literaturquellen auf uns gekommene Einzelzahlen berufen. Der um Sparsamkeit und Effizienz bemühte Tiberius hinterliess etwa bei seinem Tode einen Staatsschatz von 2,3 bis 3,3 Milliarden Sesterzen. Vespasianus erklärte bei Regierungsantritt nach dem Kassasturz über die verschwenderische neronische Ära einen Finanzbedarf von 40 Milliarden Sesterzen (was wohl auf mehrere Jahre gerechnet war). Nach dem Tode Trajans und dem Rückzug aus Mesopotamien stellten die Buchprüfer Hadrians fest, dass die Steuererhebung sehr lax gewesen war und die Bürger dem Staat aus sechzehn Jahren satte 900 Millionen Sesterzen schuldeten. Für die vespasianische Regierungszeit wurden jährliche Gesamteinnahmen an Steuern und Zöllen für ca. 670 Millionen Sesterzen ermittelt. Aufgrund des eher dünnen Erhebungsnetzes konnten die Einnahmen durch Intensivmassnahmen kurzfristig stets um ca. 20 % auf 807 Millionen Sesterzen erhöht werden. Nicht eingerechnet sind hier Kriegsbeute und Konfiskationen, die jedoch nur punktuell eine gewisse Rolle spielten. Für die Zeit um 150 n.Chr. werden die Ausgaben in einer Bandbreite von 832 bis 983 Millionen Sesterzen geschätzt; um 215 n.Chr. liegen die Zahlen zwischen 1462 und 1613 Millionen Sesterzen. Die Steigerung ist auch durch eine Verminderung von Schrot und Korn der Münzen verursacht, d.h. es lag echte Geldinflation vor. Auf der Ausgabenseite rangierte das Heer weit vor allen anderen Posten. Mitte des 1.Jh.n.Chr. umfasste die stehende Truppe ca. 140.000 Legionäre und 150.000 Mann Hilfstruppen - die Zahlen sind nicht unumstritten für die Bemessung, da die Personalstände gerne unter der Sollstärke am Papier lagen und somit realiter weniger Soldaten zu besolden waren - was einen jährlichen Finanzbedarf von ca. 445 Millionen Sesterzen (Schwankungsbreite: 50 Millionen) ausmachte. Die eigentlich mässigen Verstärkungen bis in die Mitte des 2.Jh.n.Chr. liessen die Ausgaben dennoch auf 643 bis 704 Millionen Sesterzen anschwellen. Für 215 n.Chr. errechnete man gar einen Aufwand von 1127 bis 1188 Millionen Sesterzen. Der Heeresanteil lag so bis Mitte des 2.Jh.n.Chr. bei maximal der Hälfte, Anfang des 3.Jh.n.Chr. bei etwa drei Viertel der Gesamtausgaben. Über andere Ausgabeposten ist man noch weniger informiert. Die Statthalter und hohen Beamten verdienten für antike Verhältnisse überproportional gut (mehrere 10.000 bis 100.000e Sesterzen). Dennoch blieben die oberen Verwaltungskosten moderat bei ca. 75 Millionen in der Mitte des 2.Jh.n.Chr. Für öffentliche Bauten wandte Kaiser Domitianus jährlich zwischen 20 und 60 Millionen Sesterzen auf. Augustus liess vermutlich jährlich 18 Millionen Sesterzen an donativa (Sonderzahlungen an Soldaten) und congiaria (Geldgeschenke an die Bürger Roms) auszahlen. Tiberius fuhr den Betrag auf 14 Millionen zurück und Nero gab trotz seines verschwenderischen Rufes nur 8 Millionen im Jahr aus, ohne dass die Leute murrten. Es ist deshalb anzunehmen, dass unter diesen Kaisern das Geld über Aufträge an die Wirtschaft unter die Leute kam. Traianus erhöhte die Zuwendungen auf 24 Millionen, Marcus Aurelius auf 50 Millionen, Septimius Severus auf 82 Millionen und Elagabal gar auf 226 Millionen im Jahr. Die enorme Steigerung ist hier ebenfalls nicht nur dem politischen Willen, sondern auch der gespürten Geldinflation unterlegen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die hohen Militärausgaben erst in der Zeit der Soldatenkaiser wirklich ein Problem für den Staatshaushalt darstellten. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass viele heute als zivil eingestufte Posten damals dem Militär zugerechnet waren. Dazu gehörten nicht nur die zahlreichen direkten Infrastrukturmassnahmen und Erschliessungskosten für Bergbau, Handel und Landwirtschaft (die allen zugute kamen), sondern auch die gemeine Reichsverwaltung, da sie von Legionären wahrgenommen wurde. Die Sonderausgaben eines Krieges wurden immer auch mit der Kriegsbeute abgedeckt und als diese dann im 3.Jh.n.Chr. mehr und mehr ausblieben kam es tatsächlich zu Finanzierungsproblemen. |
Aureus des Lucius Verus |
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Quellen: F.M.Ausbüttel "Die Verwaltung des römischen Kaiserreiches", H.Kloft "Die Wirtschaft des Imperium Romanum", DeMartino "Wirtschaftsgeschichte des alten Rom", H.Pleticha & O.Schönberger "Die Griechen" & "Die Römer", "Der kleine Pauly" |
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