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Provinz Raetia
Militär In der Friedenszeit nach der Eroberung erholten sich die raetischen Stämme rasch und schickten sich an die militärischen Neuerungen der Okkupanten zu übernehmen. Um den einheimischen Widerstand zu brechen wurden nun Raeter verstärkt zum Militärdienst herangezogen. So sind alleine zehn cohortes Raetorum und acht Alen bekannt. Hinzu kamen noch vindelicische Kontingente. Sie kamen alle im gesamten Römischen Reich zum Einsatz. Man konnte sie von Britannien bis Ägypten finden. Seit 69 n.Chr. wurde auch eine einheimische Miliz gebildet. Aus der Frühzeit der Provinz ist aus militärischer Sicht kaum etwas überliefert. Die Okkupationsarmee dürfte rasch abgezogen und das Gebiet zuerst fremden, später einheimischen Auxiliareinheiten, überlassen worden sein. Das bisherige Zentrallager in Oberhausen wurde hochwasserbedingt aufgegeben und auf die Hochfläche des heutigen Augsburg verlegt. Die dort stationierten Truppen bildeten bis 70 n.Chr. mit einer Vexillation von etwa 2 bis 3000 Mann das grösste Kontingent der Provinz. Im Gegensatz zur Rheingrenze, die bereits von Drusus mit 50 Kastellen gesichert worden war, ist aus der Zeit von Augustus und Tiberius nichts dergleichen aus Raetien bekannt. Die Truppen dürften - wie in Gallien bis 16 v.Chr. - weiter im Landesinneren gestanden haben. Die Kastelle folgten dem Verlauf des Alpenvorlandes und erstreckten sich von Bregenz bis in die Gegend von München. Bei der Wahl der Standorte könnten einheimische Vorbauten eine Rolle gespielt haben. Um Christi Geburt standen wahrscheinlich die legio XIII Gemina und die legio XXI Rapax in der Provinz. Unter Claudius wurde die Grenze im Zuge des Ausbaus der Verkehrswege an die Donau vorgeschoben und durch Kastelle gesichert. Auf dem Bodensee unterhielten die Römer eine selbständige Flottille. Der numerus Barcariorum entstand um 15 v.Chr. im Zuge der Eroberung Raetiens und Vindeliciens. Noch im 4.Jh.n.Chr. ist die Flottille nachweisbar. Der bevorzugte Schiffstyp in der Spätantike auf dem Bodensee war das navis lusoria. Stützpunkt der Flotte war Brigantium (das auch Brecantiae genannt wurde). Während des Bürgerkrieges von 68/69 n.Chr. waren die raetischen Einheiten Vitellius ergeben und kämpften siegreich gegen die Helvetier, die Galba unterstützten. Vespasian erkannte auch aus den Erfahrungen des Bürgerkrieges heraus, dass die Verbindung von Donau- und Rheingrenze über Basel viel zu lang war. 73/74 liess der Legat des oberrheinischen Heeres, Cn. Pinarius Clemens, eine Strasse von Strassburg über den Schwarzwald nach Rottweil und Tuttlingen schlagen, die dort in die schon bestehende Verbindung am südlichen Donauufer einmündete. Günzburg wurde 77/78 mit einer Ala besetzt. Von Faimingen bis Eining legte Vespasian die Grenzbefestigungen vom Südufer auf den Nordrand des sumpfdurchdrungenen Donautales nach Nassenfels, Kösching und Pföring vor. Domitian liess einige von oberrheinischen Truppen (u.a. legio VIII Augusta, Ala II Flavia) besetzte Gebiete in den Limes einbinden und schlug sie kurz vor dem Jahre 90 bei der Bildung der Provinz Germania superior der Provinz Raetien zu. Betroffen waren der nordöstliche Teil der Schwäbischen Alb mit den Tälern der Brenz, Fils und Rems. Der Sicherungsstrategie Domitians folgte die Expansionspolitik Trajans. Der Weg von Donau bis zum Mittelrhein wurde unter ihm noch mehr gestrafft, indem von Raetien durch das Remstal bis zum mittleren Neckar eine Verbindungsstrasse gebaut wurde. Auch die Wege entlang der Donau wurden ausgebaut. Eine verstärkte Kastellkette vom norischen Lauriacum ausgehend rückte die Grenze weiter hinaus, behielt aber den Verlauf über Kösching, Pföring und Eining bei. Die Stärke der einheimischen Truppen unter Trajan stellte sich im Jahre 107 wie folgt dar:
In Summe dürften das 8000 bis 10.000 Mann gewesen sein. Die meisten Einheiten lagen an der östlichen Nordgrenze. Unter Hadrian wurde der agri decumates durch die Anlage des limes Raeticus, einer mauerartigen, fest im Boden verankerten Palisadenwand, gegen das Barbaricum abgegrenzt. Die hölzernen Wachtürme und Erdkastelle wichen Steinbauten. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Grenze offen und eigentlich nur markiert. Zur Begradigung des Limes wurden auch neue kleine Gebiete besetzt und dort Kastelle (Dambach, Gunzenhausen, Teilenhofen, Böhming) errichtet. Auf seinen Rundreisen durch das Reich besuchte der Kaiser die Provinz im Jahre 121. Auf Münzen erschien zu diesem Anlass der exercitus Raeticus. (Auflistung raetischer Truppen) Die lange Friedenszeit endete unter Marcus Aurelius. Das Vorspiel zu den blutigen Kämpfen war der Einfall der Chatten im Jahre 162. Der in Raetien und Germanien eingedrungene Stamm konnte vom obergermanischen Legaten Aufidius Victorinus wieder zurückgedrängt werden. Viel ernster war schliesslich die Bedrohung durch die Markomannen, die mit anderen Donauvölkern 166 die Grenze überschritten und bis Italien vordringen konnten. In diesem Jahr standen 13 Kohorten in Raetien; 13 Jahre zuvor waren es um eine mehr gewesen. Der Markomannenkrieg bildete den Anlass zur Verstärkung der Grenzverteidigung an der Donau. So erfolgte 179 die Stationierung der legio III Italica in Regina Castra. Die Legionäre errichteten zuerst ein gewöhnliches Lager, das aber in späterer Zeit zu einer wahren Festung mit mächtigen Mauern ausgebaut werden sollte. Folgende Auxiliareinheiten sind samt ihrer Stationierung für Raetien nachgewiesen:
Die Palisaden wurden entweder unter Commodus oder Caracalla durch Steinmauern ersetzt. Ersterer liess bereits einige Kastelle verstärken. Nördlich der Donau blieb nach Beendigung der Markomannenkriege ein Gebietsstreifen auf barbarischer Seite unbesiedelt. Die Hereinnahme von germanischen Siedlern in die Donauprovinz läutete die Germanisierung der Donauprovinzen ein. Septimius Severus hatte die Integrität der Reichsgrenzen in einem gewaltigen Kraftakt nochmals sichern können. Unter seinem Sohn Caracalla traten zum ersten Mal die Alamannen an die Grenzen des Römischen Reichs und überrannten sogleich den germanischen und raetischen Limes. Kastelle wurden zerstört und das Hinterland verwüstet. Anfang August 213 kam es zu einer für die Römer siegeichen Schlacht am Main, sodass am 6. des gleichen Monats in Rom ein feierliches Dankopfer den Göttern dargebracht werden konnte. In Folge liess der Kaiser Limes und Kastelle wieder instandsetzen. Seit Severus Alexander tauchten in einigen Grenzprovinzen, so auch in Raetien, milites limitanei und milites ripenses (angesiedelte Grenzsoldaten mit Verpflichtung zur Bodenbewirtschaftung und -verteidigung) auf. Eine Trennung von militärischer und ziviler Gewalt könnte zeitweise ebenfalls stattgefunden haben. Dies waren notwendige Massnahmen, da der raetische Limes bereits durchlässig geworden war. Der letzte römische Inschrift nördlich der Donau stammt aus der Herrschaft von Gallienus. Zur gleichen Zeit waren auch zahlreiche Kastelle geräumt worden. Die Alamannen drangen in Folge bis zum Bodensee vor (Zerstörung Brigantiums um 260) und die Römer stabilisierten die Grenze hinter dem Oberrhein, dem Bodensee und der Iller. Zahlreiche Städte, die bislang im friedlichen Inneren Raetiens gelegen waren, wurden nun befestigt. Der Provinzteil war zwar der offiziellen Verwaltung entzogen, lag aber weiterhin im Einflussbereich der römischen Truppen. Namentlich der Feldherr Bonosus und die Kaiser Postumus (vom Gallischen Sonderreich), Aurelian, Probus, Maximian und Diocletian drangen immer wieder dorthin vor. Zu einer dauerhaften Besetzung kam es nicht mehr. Trotz der diocletianischen Teilung standen Raetia prima und secunda militärisch unter einem dux Raetiarum. Das Kommando über die verstreuten Teile der legio III Italica hatte ein in Augusta Vindelicum residierender praefectus inne, der dem dux Raetiarum unterstand. Auch aus dem 4.Jh.n.Chr. existieren Zeugnisse, die über Kämpfe jenseits der Grenze berichten. Im Juni 310 siegte ein Aurelius Senecio und der magister equitum Arbetio kämpfte 355 im Auftrag von Kaiser Constantius II. gegen die lentiensischen Alamannen, die sich an der Westgrenze des Bodensees niedergelassen hatten. Neben diese treten seit dieser Zeit auch die Juthungen, die in Raetien einfielen und von den Feldherrn Barbatio und Nevita bekriegt wurden. Iulianus, der Mitregent des Constantius II., schaffte es beide Völker über die Grenzen zurückzuwerfen.. Im Zuge der Wiederherstellung der Rheingrenze durch Kaiser Valentinianus I. besorgte dessen Bruder und Mitregent Valens das Gleiche an der Donau. Gratianus zog mit einem Heer durch das südliche Raetien über Arbor Felix um den von den Goten bedrängten Valens zu Hilfe zu eilen. Der Entsatz kam zu spät und seit diesem Zeitpunkt schaffte es kein Kaiser mehr, grössere Operationen jenseits von Rhein und Donau zu unternehmen. Die
Notitia Dignitatum, der
Aufstellung des Reichsheeres um das Jahr 400, belegt für Raetien
folgende Infanterieeinheiten:
An
Kavallerie waren vorhanden:
Ende des 4./Anfang des 5.Jh.n.Chr. war die in Raetien stationierte Legion (wie in der Übersicht angeführt) nicht mehr als Gesamttruppenkörper greifbar. Vielmehr hatte man sie in drei Abteilungen organisiert, die jeweils von einem praefectus kommandiert wurden. An der Nordgrenze lag der pars superior (oberer Teil), teils in Submuntorium, teils in Vallatum stationiert. In der Mitte der Westgrenze lag der pars media (mittlerer Teil) in Cambodunum mit Vorposten von Vemania bis Cassilacum. Der dritte Teil lag zur Verwendung transvectioni specierum (Sicherung des Nachschubes aus Italien) in Foetes und in Terioli. Die in der Notitia Dignitatum verwendete Formulierung Castra Regina nunc Vallato (Regensburg nun Vallato) legt nahe, dass die Truppen vom dortigen nach Norden gerichteten Bogen der Donau auf eine weiter südlich liegende kürzere Grenzlinie zurückgezogen worden waren. Auffallend ist das Verschwinden der meisten früher in der Provinz stationierten Hilfstruppenkontingente und der Ersatz durch völlig neue Einheiten. Gleiches galt übrigens auch für die Rheingrenze. Bis in die Zeit von Kaiser Honorius halten konnten sich nur jene Truppen, die schon im 3.Jh.n.Chr. südlich der Donau und nicht an direkt an der Grenze stationiert waren. Der Grund lag interessanterweise in der Gewichtung der Prioritäten für die Soldaten. Die milites limitanei (Grenzmiliz) waren als Bauern wichtiger als Soldaten im Feld zu stellen. Die eigentliche Idee hinter den limitanei seit Severus Alexander hatte sich somit umgekehrt. An altem Truppenbestand waren noch vorhanden: die früher in Castra Regina stationierte legio III Italica, die cohors nona (=nova) Batavorum in Castra Batava (daher auch der Name) und die cohors III Brittonum in Eining. Alle anderen Einheiten waren Neuschöpfungen wie sich vor allem aus den Beinamen (z.B. Herculae, Valeria) ersehen lässt. Die ala I Raetorum Flavia wurde etwa nach dem Gentilnamen von Kaiser Constantin benannt. Auch tauchten völlig neue Bezeichnungen auf, wie die equites Stablesiani und der numerus barcariorum. Die grössten Truppenkonzentrationen gab es in Sumbuntorium und Vallatum mit je einer Legionsabteilung und einem Reiterkorps. Beide Orte lagen südlich der Donau. Am Fluss selbst waren Passau, Eining, Günzburg und mehrere heute nicht mehr identifizierbare Kastelle bemannt. Im Osten standen gesichert noch Einheiten in Pons Aeni. Trotz dieser sehr sorgfältigen Standortwahl gelang es nicht einmal mehr Stilicho, dem germanischen Heermeister in römischem Dienst, die Provinz vor den Durchzügen der zahlreichen Germanischen Stämme zu bewahren. Schlussendlich musste man sich mit der Sicherung Italiens an den Alpenpässen begnügen. |
Während des Bürgerkrieges 68/69 unterstützten die Raeter Kaiser Vitellius.
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