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Senatspolitik im Kaiserreich

Die Politik des Senats richtete sich nach dem Umgang mit dem jeweiligen Kaiser. War das Verhältnis gut, so arbeitete man im gegenseitigen Wohlwollen; war es schlecht, so versuchten die Senatoren sich dagegen zu stemmen. Vielfach versuchten Kaiser den Senat auseinanderzudividieren, indem sie eine Fraktion unterstützten.

Nach dem Sieg über seine Gegner gab Augustus 27 v.Chr. seine Vollmachten dem Senat pro forma zurück, um sie bald danach von seinen Anhängern im Senat fast vollständig wieder retour zu bekommen. Mit der Verleihung des Titels Augustus durch den Senat begann die Reihe der römischen Kaiser, die ab nun auch das Volkstribunat übernahmen. Augustus überzeugte die Senatoren von seiner neuen Staatsorganisation und lenkte ihre Machtbestrebungen in Richtungen, die seiner Position nicht gefährlich werden konnten.

Der erste Konflikt trat nach Augustus' Tod auf, denn auf einen derartigen Machtwechsel war niemand vorbereitet gewesen. In diesem ratlosen Klima ergriffen die Konsuln die Initiative und stellten einen Antrag auf die Erhebung von Tiberius zum Kaiser. Doch Tiberius schien irgendeine Schikane zu vermuten und weigerte sich die Würde anzunehmen. Zudem hätte er seine genauen Pläne preisgeben müssen. Nach längerem Zögern nahm er die Kaiserwürde durch den Senat an. Das Verhältnis der beiden blieb aber für immer gespannt.

Ein andere einmalige Aktion war nach dem Tod des Tiberius festzustellen. Der Senat konnte sich weder auf eine Vergöttlichung noch auf eine Verdammung einigen. Diese damnatio memoriae hätte auch bedeutet, dass die Regierungsmassnahmen rückgängig gemacht hätten werden müssen.

Die Spannungen zwischen Kaiser und Senatoren nahmen auch unter der Herrschaft von Caligula nicht ab. Dieser bezichtigte Teile des Senats der Mittäterschaft bei den Hochverratsprozessen seines Vorgängers und versuchte die Fraktionen im Senat auseinanderzudividieren. Zähneknirschend mussten sie auch seinen Grössenwahn ertragen.

Als Caligula ermordet worden war, riefen die beiden Konsuln eine Senatssitzung ein und es begann eine Diskussion über die Wiedereinführung der Republik. Dabei stellte sich heraus, dass einige einflussreiche Senatoren selbst mit auf die Kaiserwürde spekulierten. Vor der Curia verlangte indes das Volk nach einem neuen Kaiser und Claudius wurde zum neuen Regenten von den Prätorianern bestätigt. Die Senatoren hatten das Nachsehen und mussten sich dem Willen des Volkes und der Soldaten beugen.

Unter Claudius versuchten sich einige Senatoren mehrmals in Verschwörungen gegen den Kaiser. Doch ging keines der Komplotte auf und die Folge waren mehrere Hinrichtungen von Beteiligten. Auch die Einmischung in die Rechtsprechung des Senats wurde dem Kaiser übel genommen.

Unter Nero musste sich der Senat erneut Hochverratsprozessen stellen und das schlechte Klima in Rom veranlasste einige Senatoren wieder zum Spinnen von Mordintrigen, die jedoch sämtlich fehlschlugen. Ende 67 n.Chr. hatten die Beziehungen zwischen Kaiser und Senat einen toten Punkt erreicht.

Als es 68 n.Chr. in Gallien zu Aufständen gegen Nero gekommen war und die Prätorianer in Rom schon Galba für sich einnahmen, erklärte der Senat den geflohenen Kaiser Nero zum Staatsfeind und rief Galba zum neuen Staatsoberhaupt aus. Kaiser Otho hatte die Macht gewaltsam an sich gerissen und wurde von den Senatoren argwöhnisch und nur unter dem Gesichtspunkt der Staatsraison in seinem Amt bestätigt. Im Kampf zwischen Vitellius und Vespasian war der Senat nicht in der Lage auch nur irgendwie seine Interessen durchzusetzen.

Unter Vespasian kehrten wieder normale Verhältnisse in den Beziehungen zwischen Senat und Kaiser ein. Da das Amt des Censors neue belebt wurde, kontrollierte Vespasian den Zugang zum Senatorenamt. Bei den meisten Staatsgeschäften wurde der Senat nun eingebunden und die Amtshandlungen mit ihm akkordiert.

Titus schaffte den Tatbestand des Hochverrats ab und band die Senatoren verstärkt in die Bewältigung jener Katastrophen (Vesuvausbruch, Grossbrand in Rom) ein, die seine Herrschaft überschatteten.

Sein Bruder und Nachfolger Domitian ging nicht so zimperlich mit dem Senat um. Verschärfte Moralgesetze zwangen auch Senatoren ihr ausschweifendes Leben einzuschränken. So kam es, dass das Gremium mehr Einfluss und Respekt verlangte. Der Kaiser dachte nicht daran seinen Machtanspruch zu teilen und ging gegen Kritiker mit harten Strafen vor. Im September 87 n.Chr. kam es zur ersten Verschwörung gegen Domitian mit senatorischer Beteiligung. Auch die wiedereingeführten Hochverratsprozesse forderten ihren Tribut an Menschenleben unter den Senatoren. So war es nicht verwunderlich, dass der Senat die Todesnachricht des Despoten mit Freude entgegennahm.

Kaiser Nerva wurde noch am Todestag seines Vorgängers vom Senat im Amt bestätigt und die Rückführung aller Verbannten und die Aufhebung zahlreicher Todesurteile führten zu einer Jubelstimmung unter den führenden Schichten Roms. Sein Nachfolger Trajan begegnete den Senatoren ebenfalls mit Ehrerbietung und sie umjubelten ihn dafür.

Unter Hadrian war das Verhältnis schon wieder gestört. Die Ernennung von Richtern für Italien beschnitt die Kompetenz des Senats. Im Alter verschlechterten sich die Beziehungen stetig und Antoninus Pius hatte Mühe seinen Vorgänger vergöttlichen zu lassen.

Auch konnte der Senat aufatmen, als die italischen Richterposten wieder gestrichen wurden. Da sich der Kaiser jedoch bewusst war, dass die senatorische Macht begrenzt war, liess er ihn seine Macht in Italien ausleben und konzentrierte die wichtigen Staatsaufgaben mehr und mehr im Kronrat.

Marcus Aurelius bedrängte den Senat seinem Mitregenten Lucius Verus die gleichen Vollmachten zu erteilen, wie ihm selbst. Die Finanz- und Verwaltungslage verschlechterte sich im Zuge von Invasionen und Kaiser und Senat hatten alle Hände voll zu tun, um der Lage Herr zu werden.

Der Grössenwahn des Commodus veranlasste wieder einige Senatoren sich in Mordkomplotte gegen den Kaiser zu verwickeln. Zähneknirschend mussten sie ihn schon bei Lebzeiten als lebendigen Gott verehren. Im Zuge von Renovierungs- und Aufbauarbeiten nach einem Brand in der Hauptstadt kamen sich Kaiser und Senat erneut in die Quere und zahlreiche Würdenträge wurden hingerichtet. Pflichtprogramm war auch das Zuschauen an jenen Gladiatorenkämpfen, an denen der Kaiser selbst teilnahm. Das Verhältnis war nun geprägt von bewusster Einschüchterungspolitik.

Nach der Ermordung des Commodus gelangte mit Pertinax wieder ein Mann senatorischer Abstammung auf den Thron, auch wenn er nicht direkt vom Senat bestimmt wurde. Pertinax zeigte republikanische Tendenzen und wollte den Senat vermehrt in die Regierungspolitik einspannen. Im Zuge einer rigorosen Sparpolitik verschworen sich wiederum Senatoren gegen den Kaiser.

Nach Pertinax' Ermordung durch die Prätorianer wurde der Thron an den Meistbietenden verscherbelt und der Senat - eingeschüchtert von der Garde - musste dem neuen Kandidaten Didius Iulianus zustimmen. Der neue Kaiser buhlte mit beinahe kriecherischer Unterwürfigkeit um die Freundschaft der Senatoren und schmiss ein Fest um das andere, nur um sie für sich einzunehmen.

Da sich aber mehrere Personen in den Provinzen befähigt fühlten, den Purpur tragen zu können, marschierten Truppen auf die Hauptstadt. In dieser prekären Situation erklärte der Senat Septimius Severus, den wichtigsten Gegner, zum Staatsfeind. Eine Delegation sollte die Truppen an ihren Treueid dem Imperium gegenüber erinnern; doch wechselten die meisten Delegierten gleich die Seite. Didius Iulianus wollte das Gremium dazu bringen eine Gruppe von Vestalinnen zu Septimius Severus zu schicken, doch konnte der Senat dieses Ansinnen abschmettern. Da der zukünftige Kaiser Straffreiheit für die Mörder von Pertinax in Aussicht gestellt hatte, rief der amtierende Konsul eine Senatssitzung ein und Didius Iulianus war seinen Posten los. Da er sich noch nicht geschlagen gab, schleusten die Senatoren einen vertrauenswürdigen Soldaten in den kaiserlichen Palast um sich des Feindes zu entledigen.

Nach der Festigung seiner Macht, begann Septimius Severus die Reihen des Senats von den Anhängern seiner Gegner zu säubern, was immerhin 29 Personen den Kopf kostete. Der Kaiser konnte sich auch während seiner restlichen Regentschaft nicht so richtig mit den Senatoren anfreunden. Er vertraute lieber auf die Macht seiner Soldaten.

Der Einfluss des Senats ging unter Septimius Severus laufend zurück und Caracalla begann erneut mit einer Säuberungswelle unter den Anhängern seines gehassten Bruders Geta. Die Beziehungen zwischen Kaiser und Senat waren auf dem Nullpunkt angelangt.

Nach der Ermordung Caracallas 217 n.Chr. war die Furcht vor der Rache der Legionäre so gross, dass der Senat das Andenken zwar nicht tilgte, aber die Vergöttlichung so lange als möglich hinauszog. Sie wurde erst vollzogen, als unmittelbare Drohungen der Armee im Raum standen.

Bei der Ausrufung von Macrinus zum Kaiser an der Grenze zu Parthien, hatte der im fernen Rom tagende Senat keinerlei Möglichkeit einer Stellungnahme gehabt. Gewisse, zu Zeiten seines Vorgängers erlassene Beschränkungen der Senatsgerichtsbarkeit in Italien, wurden aufgehoben.

Da auch Elagabal in Syrien zum Kaiser ausgerufen worden war, konnte sich der Senat nicht einmal räuspern. Der neue Herrscher zeigte sich jedoch verhandlungsbereit und die Senatoren nahmen auch die falsche Behauptung hin, Elagabal sei ein Sohn Caracallas. Sogar dessen Vergöttlichung wurde zugestimmt. Der Religionswahn des Kaisers liess aber keine weitere Annäherung zu und die höchsten Schichten in Rom mussten an Elagabals Zeremonien teilnehmen.

Folglich atmeten die Senatoren auf, als Severus Alexander auf den Thron kam. Die Regierungsgeschäfte wurden in den letzten Jahrzehnten immer mehr von der kaiserlichen Verwaltung in Beschlag genommen und der Senat konnte nur mehr in Randbereichen seine Forderungen durchsetzen.

Interessanterweise sollte der Senat im 3.Jh.n.Chr. zwei Mal die Gelegenheit bekommen, seinen Einfluss wirklich geltend zu machen. 238 n.Chr. erkannten die Senatoren Gordian I. als Kaiser an und stürzten damit Maximinus Thrax. Nach dem Tod Gordians I. trat die Körperschaft zusammen und wählte mit Pupienus und Balbinus zwei Männer aus den eigenen Reihen zu Kaisern. Zwar wurde die Ernennung von Gordian III. unter dem Druck der Massen durchgeführt, doch hatte der Senat weiterhin eine überragende Stellung inne gehabt, die sich auch in siegreichen Schlachten gegenüber seinen Gegnern äusserte.

Die zweite Phase - eher scheinbarer denn wirklicher Macht - erlangte der Senat nach der Ermordung von Aurelian im Jahre 275 n.Chr. Die Armee war sich uneins über auszurufende Kandidaten und schickte eine Gesandtschaft nach Rom mit der Bitte einen neuen Kaiser zu bestimmen. Die Senatoren lehnten das Ansinnen zunächst ab, entschlossen sich dann aber mit Tacitus einen reichen Senator und ehemaligen General zum neuen Kaiser zu proklamieren. Dieser hielt sich zwar nur ein halbes Jahr im Amt, doch zeigt der Vorfall, dass selbst in Krisenzeiten der Senat als Verkörperung von legitimer Macht und Verfassung galt.

Auf die Ermordung eines verhassten Regenten folgte in der Regel die damnatio, die von Ausschreitungen nicht nur im Volk begleitet werden konnte. Als Domitian 96 n.Chr. ermordet worden war, stürmten die Senatoren zur Curia und stürzten persönlich die Bildnisse des Kaisers.

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Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut.

 
 

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(PL)